Wien - Alpha-1-Antitrypsin (AAT) Mangel ist eine weithin unbekannte Krankheit mit einer hohen Dunkelziffer. Zwischen 0,1 und 0,2 Prozent der europäischen Bevölkerung tragen diesen Gendefekt in sich. "Für Österreich bedeutet das rechnerisch 2500 Fälle, tatsächlich diagnostiziert sind jedoch nur 175", sagt Karin Schmid-Scherzer, II Medizinische Abteilung, Wilhelminenspital, Wien, im Rahmen einem Mediengesprächs anlässlich des Welt-Allergie- und Asthma-Tages. Der Rest der Patienten werde wohl in Arztpraxen als COPD-Patienten geführt, die schlecht auf Medikamente reagieren beziehungsweise einfach schon früher die Symptome einer COPD zeigen. Die kausale Therapie, nämlich die Substitution des AAT, werde oft gar nicht oder zu spät eingeleitet.

Erwachsenen Beschwerden wie bei der "Raucherlunge"

AAT ist eine in der Leber gebildete Substanz mit der Hauptfunktion des Schutzes der Lunge. Ist zu wenig AAT vorhanden, greifen bestimmte Enzyme das gesunde Lungengewebe an und können es zerstören. In der Folge kommt es zu Atemnot bei körperlicher Belastung, die Leistungsbreite wird immer geringer. AAT-Mangel ist genetisch bedingt. Dabei wird durch einen vererbbaren Gendefekt in der Leber entweder zu wenig AAT gebildet, oder es wird in einer nicht effektiven Form ausgeschüttet.

Klinisch stellt sich AAT-Mangel entweder bereits im Kindesalter in einer Leberproblematik (Gelbsucht) dar, oder ab dem jungen Erwachsenenalter als Lungenproblematik. Bei Erwachsenen äußern sich die Symptome wie bei einer COPD (Chronisch obstruktive Lungenerkrankung, „Raucherlunge"). Die Ausprägung der Erkrankung hängt davon ab, wie viel AAT im Blut zirkuliert. Besteht ein geringer bis mäßiger Mangel, kommt es in der Regel zu keiner Erkrankung. Haben beide Elternteile ein abnormales Gen vermittelt, besteht ein ausgeprägter Mangel und es kommt häufig zu schweren Erkrankungen.

Späte Diagnose verbreitet

Patienten mit AAT-Mangel kommen oft wegen einer Belastungsatemnot erstmals zum Arzt. "Meist werden sie wie Asthmatiker behandelt, weil sie husten und eine beeinträchtigte Lungenfunktion haben. Diese ist nicht reversibel, weshalb Patienten meist über lange Zeit als Asthmatiker gesehen werden, die schlecht auf ihre Medikamente ansprechen, oder als verkannte frühe COPD Patienten. Die Kontrolle des AAT als Krankheitsursache erfolgt meist erst nach einigen Jahren", so Schmid-Scherzer. Erste Hinweise auf einen AAT-Mangel können durch eine Blutuntersuchung (Elektrophorese), ein Lungenröntgen beziehungsweise eine Computertomografie, der Messung des Blutsauerstoffs und durch Belastungstests gegeben werden.

Auch die Ursachen von AAT-Mangel müssen behandelt werden

Die Symptome eines AAT-Mangels werden wie eine COPD mit einer antiobstruktiven Therapie behandelt. Wichtig sei, dass nicht nur die Folgen der Erkrankung, sondern auch deren Ursache behandelt werden, also der AAT-Mangel. Dabei werde humanes AAT verabreicht, das aus Blutplasma gewonnen wird. Weil diese Therapie sehr teuer sei, müssen Patienten bestimmte Einschluss-Kriterien erfüllen, damit die Krankenkassen die Kosten übernehmen, so Schmid-Scherzer. "Es ist besonders wichtig, dass Patienten nicht rauchen, weil Oxidantien in den Rauchinhaltsstoffen das AAT zusätzlich reduzieren oder ineffektiv machen. Rauchen beschleunigt den Krankheitsverlauf. Weiters ist bei dieser Patientengruppe eine Infekt-Prophylaxe sehr wichtig." (red)