Dass das Nichtraucherschutzgesetz ein Käse ist, dürfte inzwischen jedem - Raucher oder Nichtraucher - klar sein. Es regelt nichts klar, lässt alles in der Schwebe, schützt die Nichtraucher nicht und lässt Raucher und Gastronomen in einer unangenehmen Unsicherheit.

Die Gastronomen verdienen dabei noch am wenigsten Mitleid. Wie schon relativ oft in der Vergangenheit, sind sie nicht in der Lage, neue Verhältnisse und Chancen zu erkennen. Es ist wie vor Jahrzehnten, als die Einführung von Fußgängerzonen von der Zunft der Berufsjammerer (=Kaufleute) als Weltuntergang betrachtet wurde. Heute sind die Innenstädte großteils von den gesundheitsschädlichen, hinderlichen Autos befreit, und die Umsätze haben sich vervielfacht.

Auf ähnliche Weise würden die Gastronomen neue Kundenschichten (=junge Familien mit Kindern) anziehen, die dem Gestank und der Gesundheitsgefährdung aus dem Weg gehen wollen. Stattdessen konzentrieren die Herren Gremialvorsteher und Kommerzienräte ihre Energie auf Verhinderungs-Lobbying, das im Endeffekt nichts nutzen wird.

Vorläufig hat dieses Kaffeesieder-Lobbying allerdings Erfolg. Die Politik kapituliert. Gesundheitsminister Alois Stöger wendet seine ganze Kraft auf, um das unbrauchbare Nichtraucherschutzgesetz am Leben zu erhalten.

Damit treffen wir auf ein Phänomen, das in den letzten Jahren einen Siegeszug ohnegleichen erlebt hat: unbrauchbare Pseudogesetze, die aus rein populistischen Überlegungen (die oft nicht einmal richtig sind) eingeführt wurden.

Die Liste ist lang. Ein besonderes Prachtstück ist die sogenannte Hacklerregelung. Sie wurde eingeführt, um die Folgen der Schüssel'schen Pensionsreformen abzufedern. So ernst wollte man es mit der Eindämmung der Frühpensionitis doch nicht nehmen. Also wurden die zum Teil drastischen Abschläge für Langzeitversicherte, die in Frühpension gehen wollten, wieder weggenommen. Damit sollte Leuten, die ein langes Arbeitsleben lang schwer "gehackelt" hatten, ein früherer Pensionsantritt ermöglicht werden.

Aber nicht die Hochofenarbeiter und die krummgearbeiteten Näherinnen kommen in den Genuss der Hacklerpensionen, sondern Büropersonal und Beamte. Die Maßnahme ist überdies immens teuer und gefährdet die Budgetsanierung.

Ein unbrauchbares Gesetz - ebenso unbrauchbar wie der populistische Blödsinn, 16-Jährige wählen zu lassen. Die Jungen sollten damit für Politik interessiert werden. Aber sie tun es nicht - und wenn sie wählen, dann wählen sie nicht die Altparteien, die ihnen die Möglichkeit beschert haben, sondern den rechten Disco-Krawallierer.

Aber im selben Gesetzzug wurde die Legislaturperiode auf fünf Jahre erhöht - damit der Augenblick der politischen Pleite um ein Jahr hinausgeschoben werden kann.

Es gibt populistischen Blödsinn, der Gott sei Dank nicht Gesetz wurde. Die Idee etwa, "Kulturdelikte" ins Strafgesetzbuch einzuführen ("religiöse Gewalt"). Aber die Neigung einer regierenden Klasse, ihre absolute Abscheu davor, wirklich wirksame Maßnahmen zu beschließen, besteht weiterhin. (rau//DER STANDARD, Printausgabe, 10./11. April 2010)