Hunderte Bauernmöbel, tausende Antiquitäten: ein Raum des weitläufigen Kremayr-Privatmuseums in Perchtoldsdorf.

Foto: Thomas Trenkler

Er war ein Patriarch und Despot, ein Nationalsozialist und Bewahrer der Volkskultur. Ein Mann, der, wie man sagte, über Leichen geht. Er saß wegen Urkundenfälschung im Gefängnis und schlug jemanden tot. In seinem Haus empfing er Politiker aller Couleurs. Unbestritten ist: Er war ein brillanter Geschäftsmann. Binnen weniger Jahre machte er Donauland zur führenden Buchgemeinschaft. Nach einem Herzinfarkt 1966 verkaufte er seine Anteile an Bertelsmann. 1974 wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen verliehen. Er starb Ende 1989. Von seinem beträchtlichen Erbe ist nicht mehr viel übrig. Sein Name verblasst.

Rudolf Kremayr wurde am Christtag des Jahres 1905 in Ottsdorf, Oberösterreich, geboren - als ältester Sohn in eine Bauernfamilie, die eine Mühle und ein Sägewerk besaß. Er hatte zwölf Geschwister, und weil sein jüngster Bruder den Hof übernehmen sollte, ging er nach Deutschland, um dort, wie er später erzählte, "weiterzukommen" . In Düsseldorf erfuhr er, "dass man beim örtlichen Zeitschriftenvertrieb Intra zwei bis drei Mark pro Tag verdienen konnte" . Der "Reisende in Illustrierten" schaffte auf Anhieb das Doppelte. Auch als "Oberreisender" war er unzufrieden: "Es gab immer einen, der an mir verdient hat; und das hat mich gestört."

1938 gründete Kremayr in Wien am Laurenzerberg seinen eigenen Zeitschriftenvertrieb. In der Diplomarbeit Zur Geschichte der Buchgemeinschaften in Österreich schreibt Roger Charles Pfister: "Das Know-how, das Kremayr aus seiner achtjährigen Vertretererfahrung mitbrachte, machte sich bezahlt. Durch Hausbesuche warb er Abonnenten für verschiedene Zeitschriften, die er dann durch persönliche Hauszustellung verteilte. Das wichtigste Erfolgsrezept war dabei der Kontakt zu den Abonnenten." Das Geschäft florierte: 1940 konnte Kremayr sogar eine Zweigstelle in Pressburg eröffnen. Erst 1943 musste er seinen Betrieb kriegsbedingt stilllegen.

"Kurz vor Kriegsende wurde mein Vater eingezogen, er kam nach Griechenland. Er hatte aber Glück: Er führte dort ein Offizierskasino", erzählt Martin Kremayr, der Sohn. "Er entging der Kriegsgefangenschaft: Es gelang ihm, mit einem Flugzeug nach Hause zu kommen. Und 1946 hat das Ganze wieder von vorn begonnen - mit einem kleinen Kern von alten Mitarbeitern. Dann gab es ein kurzes politisches Problem. Man hat ihn sechs Monate in Untersuchungshaft gesteckt. Er ist natürlich freigesprochen worden. Da ist die Zusammenarbeit mit Wilhelm Scheriau entstanden. Er war der Personalchef in der Firma. Während der Abwesenheit meines Vaters hat er die Geschäfte geführt."

Laut einem Profil-Artikel aus dem Jahr 1977 hätte Kremayr "in Untersuchungshaft auf einen Prozess wegen vermeintlicher NSDAP-Umtriebe" gewartet. Doch der Literaturwissenschafter Murray G. Hall führt in seiner Österreichischen Verlagsgeschichte 1918- 1938 aus, dass dies "nicht ganz der Wirklichkeit" entspricht: Kremayr stand im April 1948 vor Gericht, weil er, wie in der Wiener Zeitung zu lesen war, beschuldigt wurde, den Tierzuchtdirektor Josef Retzl "durch einen Fausthieb gegen den Kopf und Niederwerfen derart schwer mißhandelt zu haben, daß dieser zwei Monate später einer Gehirnblutung und hinzugetretener Lungenentzündung erlag" .

Retzl war die leerstehende Wohnung von Kremayr in Neustift am Walde zugewiesen worden, er hatte mit dem Vermieter einen regulären Mietvertrag abgeschlossen. Zurück in Wien, wollte Kremayr seine Wohnung zurück und brachte Räumungsklage ein. Ohne das Urteil abzuwarten, suchte er den Veterinärmediziner am 3. Juli 1947 auf und versetzte ihm einen Kinnhaken. Laut einer Augenzeugin habe sich Rudolf Kremayr "auf den regungslos auf dem Boden Liegenden gekniet und diesen mit beiden Händen niedergedrückt".

Die Österreichische Zeitung titelte am 27. April 1948: "Nazi erschlägt einen Wiener Gelehrten." Und in der Wiener Zeitung stand: "Im weiteren Verhör ergibt sich, daß Kremayr in München wegen Urkundenfälschung 1934 mit sechs Wochen Gefängnis bestraft wurde. Er behauptet, nie Mitglied der NSDAP gewesen zu sein und es stets abgelehnt zu haben, den Antragsbogen auszufüllen." Tatsächlich aber hatte Kremayr, wie Murray G. Hall belegen kann, Ende März 1938 auf die Frage der Zwangsgilde "Mitglied der NSDAP?" geantwortet: "Ja, Mitgliedsausweis Nr. 16555, Wels, Gau Oberösterreich."

Am 29. April 1948 berichtete die Wiener Zeitung: "Der Angeklagte wurde des Totschlags an Dozent Dr. Josef Retzl schuldig erkannt und zu vier Jahren schweren Kerkers verurteilt, verschärft durch hartes Lager in jedem Vierteljahr sowie durch einsame Absperrung in dunkler Zelle und Fasten an jedem Jahrestag der Tat. (...) Bei Bemessung der Strafe nahm das Schwurgericht als erschwerend an die Vorstrafen des Angeklagten und den Umstand, daß Dr. Retzl einem völlig überraschenden feigen Angriff zum Opfer gefallen ist. (...) Der Angeklagte ist ein Mann, der, wenn nötig, über Leichen geht."

In zweiter Instanz wurde Rudolf Kremayr freigesprochen. Ihm soll, so Hans Peter Fritz in seiner Dissertation über Verlagswesen und Literatur in Österreich 1945-1955, "der Nachweis gelungen sein, dass Dozent Retzl einen sogenannten ‚Papierschädel‘ hatte und nur deshalb tödliche Verletzungen erleiden konnte."

Aus Dankbarkeit für die Vertretung machte Kremayr Scheriau mit 25 Prozent zum Teilhaber. Die Firma wurde in "Zeitschriftengroßvertrieb Donauland Kremayr und Scheriau" umbenannt.

Im Herbst 1948 betrug die Zahl der Abonnenten 123.900. Da die Vertreter als Unternehmer galten, war Kremayr nicht verpflichtet, Kinderernährungsbeihilfe oder Pflichtversicherung zu zahlen: Der Zeitschriftenvertrieb konnte rasch und risikolos expandieren.

Von Dezember 1948 an lieferte Donauland auch Bücher aus, die über die Zeitschrift Frau und Mutter bestellt werden konnten. Die Idee, selbst eine Buchgemeinschaft zu gründen, lag auf der Hand: 1950 erwarben Kremayr und Scheriau eine Verlagskonzession, um diese mit Büchern aus eigener Produktion zu versorgen. Im Herbst jenes Jahres wurde der erste Katalog veröffentlicht. Das erste Quartalsbuch war der Heimatroman Eva Faschaunerin von Maria Steurer. Im Programm gab es in den 50er-Jahren zudem mehrere Bücher von NS-Schriftstellern, die 1946 auf der "Liste der gesperrten Autoren" gestanden waren.

1952 hatte die Buchgemeinschaft 100.000 Mitglieder, 1953 eine Viertelmillion. Ende 1957 wurde mit 500.000 Abonnenten ein Höchststand erreicht. 1960 umfasste das Programm mehr als 400 Bücher und 439 Schallplatten. Die Zahl der Mitglieder aber sank - auf unter 400.000. Denn die Konkurrenz aus Deutschland, vor allem der Bertelsmann-Lesering, gewann an Terrain. Und der Kampf um Bestseller-Lizenzen wurde härter. Donauland hatte immer öfter das Nachsehen. 1966, nach einem Herzinfarkt, verkaufte Kremayr 73,3 Prozent seiner Anteile um 200 Millionen Schilling an Bertelsmann.

Bis zu seinem Ausstieg zählte für den Choleriker nur harte Arbeit. Die Ehe mit einer Deutschen war nach kurzer Zeit in die Brüche gegangen. Im Dezember 1954 kam - unehelich - seine erste Tochter, Ursula, zur Welt. Eineinhalb Jahre später, im Juli 1956, folgte Barbara. Erst auf Drängen seiner Familie heiratete Kremayr die Mutter der beiden gemeinsamen Kinder. Aber auch diese Ehe zerbrach. Der Unternehmer soll sich das Sorgerecht erkauft haben.

Neben dem Beruf hatte Rudolf Kremayr ein Faible: alte Häuser. "Begonnen hat es in Oberösterreich mit einem Vierkanthof, dem Lindenhof, den er total originalgetreu restauriert hat" , erzählt Martin Kremayr. "Es wurden die ersten Kunstgegenstände gekauft, darunter ein Heiliger Florian, um das Haus vor Feuer zu schützen. Mein Vater hat in erster Linie nicht Kunstgegenstände gekauft, sondern Häuser, die er mit Kunstgegenständen einrichten wollte."

Doch die Distanz war Anfang der 50er-Jahre zu groß für dieses Wochenenddomizil: Kremayr erwarb den Gutshof Groß-Theuretzbach bei Ybbsitz. "Es gab also wieder ein altes Bauernhaus, das er her- und einrichten konnte", so Martin Kremayr. "Dort hat die Beziehung mit meiner Mutter begonnen." Sie war 1954 als Wirtschafterin an den Gutshof gekommen. Nach dem Scheitern von Kremayrs zweiter Ehe kümmerte sie sich um seine beiden Töchter.

1959 kaufte Kremayr in Perchtoldsdorf ein Winzerhaus mit 32 Räumen. Josef Meinrad soll ihm geraten haben, das "Haus im Holz" zu erwerben. Zwei Jahre später, nach umfangreichen Sanierungsarbeiten, zog "der Alte" , wie man ihn in der Firma nannte, mit seiner Wirtschafterin ein. Sie war schwanger: Sohn Martin kam im Juli 1961 zur Welt. Dass Kremayr der Vater war, durfte niemand erfahren: "Man hat über das Verhältnis 25 Jahre lang geschwiegen", sagt Martin Kremayr. "Er war der Chef meiner Mutter. Ich war ein uneheliches Kind. Sie musste mich weggeben. Er zahlte auch keine Alimente."

Martin Kremayr wuchs die ersten zehn Jahre bei seinen Großeltern auf, durfte nur in den Ferien zu Besuch in Perchtoldsdorf sein. Dass Kremayr sein Vater war, wusste er nicht: Seine Mutter hatte zu schweigen - und sie zog die fremden Töchter auf statt den eigenen Sohn. "Das war natürlich sehr schwer für sie."

1967, nach dem Verkauf an Bertelsmann, erwarb Rudolf Kremayr 160 Hektar in der Hieflau. "Dort bin ich dann aufgewachsen - beim Verwalter", erzählt Martin Kremayr. "Der hatte sich im Zweiten Weltkrieg freiwillig zu irgendwelchen Spezialeinheiten gemeldet. Trotz seiner Verwundungen war er immer der erste am Berg. Bei ihm habe ich Disziplin gelernt."

Der Chef seiner Mutter adoptierte ihn schließlich - und verlangte von ihm, Tischler zu werden. In der Zwischenzeit hatte Kremayr noch weitere alte Häuser erworben: "Eine meiner ersten Arbeiten für meinen Vater war, die Fensterläden des Hauses in Rust zu renovieren. Ich musste mir den Namen Kremayr hart verdienen."

Um die Häuser einrichten zu können, kaufte Rudolf Kremayr die Antiquitäten lastwagenweise ein. Mit seiner Wirtschafterin, die er schließlich doch heiratete, restaurierte er vieles selbst. Zudem besaß er die Galerie Neumann in Wien: "Er hat nie nach Wert gekauft, sondern immer nur das, was ihm gefallen hat - oder was er für ein Zimmer, eine Ecke brauchen konnte", erinnert sich Martin Kremayr. "Eine meiner Halbschwestern hat später die Galerie geleitet. Sie hat Objekte angekauft, die ihm nicht gefallen haben. Ein Riesenstreit war die Folge. Er hat sie hinauskomplimentiert - und die Galerie verkauft. Auch deshalb, weil es nicht mehr die steuerlichen Absetzmöglichkeiten gab. Was noch im Lager war, kam nach Perchtoldsdorf. In seinen letzten Jahren kam ihm die Idee, daraus ein Privatmuseum zu machen."

Und so wurde begonnen, die alten Weinkeller trockenzulegen. 1986 schenkte Kremayr, der "Kunstmäzen" , die Häuser in Rust und Ybbsitz den jeweiligen Gemeinden mit der Auflage, die Sammlungen öffentlich zu präsentieren. Und Martin Kremayr erfuhr die Wahrheit. Für Rudolf Kremayr blieb er dennoch nur der "Adoptivsohn": Am 24. Juni 1987 musste er "für sich und seine Nachkommen auf sein gesetzliches Erbrecht und auch auf das Pflichtteilsrecht" verzichten. Bereits 1995 hatte seine ältere Halbschwester Ursula einen solchen Verzichtsvertrag unterzeichnet.

Am 17.Dezember 1989 starb Rudolf Kremayr - in seinem Privatmuseum. In seinem Testament hatte er seine jüngere Tochter Barbara als Alleinerbin eingesetzt. Seine Ehefrau beschränkte er auf den Pflichtteil. Aber er vermachte ihr die Liegenschaft in Perchtoldsdorf, 30 Millionen Schilling - und aus dem beträchtlichen Barvermögen, das seine Kindeskinder bekommen sollten, eine wertgesicherte Leibrente von monatlich 30.000 Schilling "mit der ausdrücklichen Auflage, dass zu ihren Lebzeiten weder eine gänzliche oder teilweise Veräußerung noch eine unentgeltliche Verfügung über das Haus und die Kunstsammlung stattfinden darf" .

Vielmehr sei "ein Privatmuseum unter meinem Namen einzurichten", das zumindest einmal in der Woche öffentlich zugänglich zu machen sei. Mit den 30 Millionen Schilling stünden für Betrieb und Erhaltung genügend Mittel zur Verfügung. Seine jüngere Tochter sei als Erbin berechtigt, "die Erfüllung dieser Auflage zu überwachen und erforderlichenfalls auch durchzusetzen".

Aloisia Kremayr erklärte sich einverstanden. Sie stellte das Museum fertig. Und nach Voranmeldung bei der Gemeinde konnte man die Sammlung besichtigen.

Am 1. Dezember 2005 berichtete die APA, dass im Dorotheum das Waldmüller-Gemälde Die unterbrochene Wallfahrt um 1,32 Millionen Euro versteigert worden war: "Das Bild ist damit das teuerste heuer in Österreich versteigerte Kunstwerk, das teuerste im Dorotheum versteigerte Bild, und es erzielte einen Weltrekordpreis für Waldmüller bei einer Auktion." Ein paar Monate später sah die Universalerbin das Bild im Liechtenstein-Museum - und war verdutzt: Es glich jenem, das ihr Vater im Salon hängen hatte.

Ihr Anwalt, Georg Braunegg, erzählt: "Meine Mandantin, eine ehemalige Kunsthändlerin, nahm Recherchen vor. Sie musste feststellen, dass in diversen Auktionshäusern Kunstwerke und Objekte versteigert worden waren - ausschließlich ausgesuchte Stücke."

Braunegg gelangte zur Überzeugung, dass die Verkäufe unzulässig waren, und brachte 2007 Klage gegen Aloisia Kremayr ein: "Es wurde eine einstweilige Verfügung erlassen, weitere Kunstwerke zu veräußern. Bei der Befundaufnahme kam aber - zum Entsetzen meiner Mandantin - heraus, dass die Sammlung bereits an eine Anstalt in Liechtenstein verkauft worden war. Und diese hat die Kunstwerke verpfändet. In jedem Raum hingen Pfandvermerke. Meine Mandantin war mit ihrer Klage zu spät gekommen."

In der Tat: Im Juli 2006 wurde von Martin Kremayr in Liechtenstein die Kremayr Art Collection Establishment gegründet. Ein halbes Jahr später kaufte diese Stiftung von Aloisia Kremayr die Sammlung an. Unmittelbar danach, noch im Dezember 2006, wurden die Kunstwerke an die Raiffeisenlandesbank verpfändet. Zum Pfandhalter bestellte die RLB Niederösterreich-Wien die Portfolio Management Associates AG.

Mit diesem Beratungsunternehmen hatten Aloisia Kremayr "als Eigentümerin" und Martin Kremayr "als Rechtsnachfolger der Kremayr Sammlung" bereits im Dezember 2005 eine "Rahmenvereinbarung für das Vermögenskonzept ,Kunstsammlung Kremayr‘" abgeschlossen. Darin heißt es unter anderem: "Priorität hat die Aufrechterhaltung eines möglichst weitgehenden Handlungsspielraumes für die Bewirtschaftung der Sammlung durch Abverkauf, Austausch oder Zukauf von Exponaten. In weiterer Folge möchte der Auftraggeber die so erhaltenen Mittel in einem Umfang von ca. 2,5 Millionen Euro in tunesische Direktinvestments (z.B. Immobilien- und Grundstücksgeschäfte) investieren."

Im Mai 2006 schätzte das Dorotheum die noch vorhandene Sammlung auf einen Versicherungswert von 11,7 Millionen Euro. Als Höhepunkte führt das Auktionshaus an: "eine herausragende Sammlung von antiken Möbeln (die gotische Essgruppe ex Sammlung Bondi Wien ist von besonderer Bedeutung) sowie der Sektor antiker Bauernmöbel" , die gotischen Skulpturen, von denen "ein beträchtlicher Teil Museumsqualität aufweist" , die Alten Meister - mit "der gesamten Prominenz österreichischer Künstler" , die Sammlung von Fayencen und schließlich die Gemälde des 19. Jahrhunderts, unter denen jene der Biedermeier-Maler und Stimmungsimpressionisten "besonders hervorzuheben" seien. Gelistet werden Werke von Friedrich Gauermann (neun Bilder), Ferdinand Georg Waldmüller (zwei Bilder), Franz von Defregger, Johann Michael Neder, August Xaver Ritter von Pettenkofen, Anton Romako, Emil Jakob Schindler, Carl Moll und Tina Blau. Ursprünglich hatten sich in der Sammlung auch eine Ruhende Diana Friedrich von Amerlings und Waldmüllers Wiedererstehen zu neuem Leben befunden, das Fürst Hans Adam II. von und zu Liechtenstein bereits 2004 erwarb.

Nach Vorliegen des Schätzgutachtens begann eine Reihe von "Testverkäufen". Martin Kremayr hält die Vorgangsweise für richtig: "Die Kosten für das Haus waren und sind gravierend hoch. Meine Mutter hat ihr ganzes Geld in das Museum hineingesteckt. Dennoch ging es sich nicht aus. Wir mussten eine Lösung finden, um zumindest den Kern der Sammlung bewahren können. Über die Schweizer Privatbank Hottinger sind wir an die Gruppe Batliner gekommen. Und mit ihrer Hilfe haben wir die Stiftung gegründet."

Für das Gericht ist es dennoch "unzweifelhaft", dass die Witwe gegen die Auflagen verstoßen hat. Und es stellt sich die Frage, inwieweit die Stiftung die Sammlung gutgläubig erworben haben kann. Die Stieftochter stimmte allerdings einem Vergleich zu: "Meine Mandantin wollte sich nicht weiter mit der Angelegenheit belasten. Es wäre ein Titel ohne Mittel gewesen" , sagt Anwalt Braunegg.

Auch wenn Aloisia Kremayr das Recht auf den Besitz der Liegenschaft verwirkt habe, hätte es keinen Sinn, das Winzerhaus zurückzuverlangen: "Es ist mit sechs Millionen Euro belastet", so Braunegg. Dass Martin Kremayr nur das Wohl der Sammlung im Sinn hatte, will er nicht glauben: "Aufgrund der vorgelegten Dokumente ergibt sich zweifelsfrei, dass die gewählte Konstruktion zur Finanzierung des Lebensunterhalts von Martin Kremayr dient."

Das bestreitet dieser auch nicht: "Ich habe ein 460 Hektar großes Wein- und Landgut. Mit meiner Domaine Atlas gewann ich beim letzten Vienna Wine Contest fünf Medaillen. Und nebenbei besitze ich Anteile an einem Bowling-Zentrum in Tunis. Mir geht es sehr gut." Früher oder später wäre er ohnedies der Besitzer der Kunstsammlung geworden. "Ich habe einen Sohn. Ich will nicht zu ihm sagen: Du kriegst die Sammlung - aber du musst sie erhalten. Das finde ich nicht fair."

Wie es weitergehen wird? "Ich kann es mir nicht leisten, nur totes Kapital an der Wand hängen zu haben. Ich brauche Dinge, bei denen ich eine Wertsteigerung habe. Die Idee ist, dass sich die restliche Sammlung selbst erhält. Wir sind sicherlich die besten, was oberösterreichisches Volksgut anbelangt. Und diesen Bestand wollen wir erhalten."

Öffentlich zugänglich ist das Museum seit Jahren nicht mehr. Auch deshalb, weil die Sammlung verpfändet ist. Und wenn Martin Kremayr tatsächlich alle Kunstobjekte verkaufen sollte: Wer könnte es ihm verübeln - angesichts dieses Vaters? (Thomas Trenkler, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 10./11.04.2010)