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Role-Model Johnny Depp als Captain Jack Sparrow: Der androgyne Held findet neuerdings seine Entsprechung in Wirtschaftskarrieren - androgyne Männer sind am erfolgreichsten.

Foto: REUTERS/Peter Mountain/Disney Enterprises/Handout

Captain Jack Sparrow ist in den Wirtschaftskarrieren angekommen: Androgyn agierende Männer haben derzeit den größten Karriereerfolg - sie verdienen am meisten und haben die höchste Zahl an unterstellten Mitarbeitern.

Das haben die Karrierenforscher Michael Schiffinger und Thomas Schneidhofer rund um ihren Professor Wolfgang Mayrhofer in ihrem jüngsten vom FWF finanzierten Forschungsprojekt "Vienna Career Panel Project - change in managerial careers?" herausgefunden. Untersucht wurden Wirtschaftsabsolventinnen und Absolventen der Jahre 1990 und 2000 - insgesamt 1200 -, die Kohorten wurden dann miteinander in puncto Karriereerfolg verglichen. Die Fragestellung: Wie hängt Geschlechtertypik unabhängig vom biologischen Geschlecht mit dem Karriereerfolg zusammen? Kurz: Wie muss ich mich verhalten, um den größtmöglichen Karriereerfolg zu haben.

Das Ergebnis: bei den 1990er-Absolventen waren jene Frauen am erfolgreichsten, die sich androgyn verhielten. Bei den Männern waren es jene mit maskuliner Typik. Allerdings: Bei der Untersuchung der Karrieren der Absolventen aus dem Jahr 2000 hatte sich das Bild für Männer gedreht: Jetzt sind die am erfolgreichsten, die sich androgyn verhalten - also ein bisschen Johnny Depp, ein bisschen metrosexuell à la David Beckham.

Bei den Dimensionen Maskulinität und Femininität gehe es nicht um Stereotype im Sinne von Geschlechtervorurteilen, betont Thomas Schneidhofer, sondern die Dimensionen beruhen auf Selbsteinschätzung und sind mit psychometrischen Verfahren aus anderen Skalen abgeleitet. Auf beiden Skalen hohe Werte ergibt androgyne Zuordnung.

Prototypisch maskulin ist etwa keine Rücksicht zu nehmen, Druck gut standzuhalten, nicht leicht aufzugeben - sich im phallozentrischen Weltbild ganz eindimensional zu Hause zu fühlen. "Up, up and away" , fasst Schneidhofer das kurz. Auf der femininen Skala findet sich als prototypisch etwa fähig, auf andere einzugehen, gefühlsbetont strategisch in vielen Dimensionen zu denken statt bloß operativ zu agieren.

Miranda Priestly - nein

Wenn nun also Männer in das Feld der Karrierespielregeln feminine Verhaltensweisen integrieren und so erfolgreicher sind - sollten Frauen noch mehr maskuline Typik integrieren, um aufzusteigen? Dafür hat Schneidhofer keinen Beleg: "Der Teufel trägt zwar Prada - aber einen Miranda-Priestly-Effekt konnten wir für Frauenkarrieren nicht herausfinden" , bleibt er in der Hollywood-Analogie. Frauen müssen demnach das tun, was sie immer schon getan haben, um erfolgreich zu sein, sagt die Karrierenforschung: maskuline Verhaltensweisen in ihr Verhalten importieren.

"Gerecht" findet Schneidhofer, dass nun auch Männer Feminines "importieren" müssen. Beide biologischen Geschlechter müssten nun die Regeln herausfinden und sich anpassen - sicher ist dies auch für die Führungsforschung ein interessantes Material. Dass die Karrierenwelt (noch) ungerecht ist, ist für Schneidhofer unbestritten. Allerdings hält er Zweifel für zulässig, ob für Berufskarrieren weiterhin gilt: "It's a man's world." (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.4.2010)