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Exzentrisches Multitalent und Punk-Pionier: Malcolm McLaren.

Foto: Reuters/Kessler

Der Künstler, Autor, Produzent, Musiker und Designer wurde 64 Jahre alt.

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London - Den besten Rat seines Lebens bekam Malcolm McLaren als junger Kunststudent in London: "Es ist besser, mit Bomben und Granaten zu scheitern, als mäßig erfolgreich zu sein." Der 1946 geborene Brite Malcolm McLaren machte sich in den 1970er-Jahren vor allem als Impresario der Punk-Band The Sex Pistols einen Namen. Der Anfang der kurz und grell aufflammenden, aber wirkungsmächtigen Punkbewegung liegt in der gemeinsam mit Gattin Vivienne Westwood auf der Londoner King's Road 1972 eröffneten Boutique Let it Rock begründet.

Der auf "klassische" Rock-'n'- Roll-Mode spezialisierte Laden musste bald schließen. McLaren zog es nach New York, wo der an anarchistischen Kunstkonzepten und am Situationismus geschulte Künstler und Designer damals Manager der drogenverseuchten Drag- und Proto-Punk-Band New York Dolls wurde. Seine Königsidee, Mitte der 1970er-Jahre Musiker in den USA in rote Latexuniformen zu stecken und sie mit kommunistischen Symbolen auf die Bühne zu stellen, muss als historisches Fiasko betrachtet werden.

Eine Erfahrung, die McLaren nach seiner Rückkehr nach London dennoch zum Erfolg führen wollte. Im wieder gemeinsam mit Westwood geführten Mode- und Musikertreff Sex verschärfte McLaren mit Fetischmode und Nazi-Symbolen seine Provokationsstrategien. Als Manager der Sex Pistols fand er in deren Sänger John Lydon alias Johnny Rotten schließlich auch ein ideales Sprachrohr, um dem damaligen Thatcher-England, einer einstigen Weltmacht, die moralisch und wirtschaftlich im Niedergang begriffen war, mit dem Allerwertesten über das Gesicht zu fahren.

"Never Mind The Bollocks, Here's The Sex Pistols" , das 1977 veröffentlichte erste Album der Pistols wurde zu einem der größten Medienskandale, den Großbritannien je erlebte. Dank nihilistischer Songs wie God Save The Queen oder Anarchy In The U.K und mit geiferndem Gesang attackierte man den "common sense" .

Von heute aus gesehen, wirkt das alles eher herzig und pubertär. Die Sex Pistols stiegen damals allerdings aufgrund ihrer symbolischen Angriffe auf das britische Königshaus zu Staatsfeinden erster Güte auf. Die Band sah sich mit Messerattacken, Auftrittsverboten, Verhaftungen und einem die Nation erschütternden Fernsehauftritt in einer Talkshow konfrontiert. Nicht nur Johnny Rotten wurde das alles zu viel. Auch McLaren als selbsternanntes Mastermind verlor jegliche Kontrolle.

Eine zweite Karriere

Schon 1978 war nach einer chaotischen US-Tournee alles vorbei. Johnny Rotten verließ die Band. Er startete als John Lydon mit seiner neuen Formation Public Image Ltd. eine veritable zweite Karriere. Die restlichen Pistols mühten sich bis zum Drogentod ihres Bassisten Sid Vicious in nachträglich von McLaren zum subversiven Triumph verklärter Selbstdemontage - siehe das Doppelalbum The Great Rock 'n' Roll Swindle.

Nach dem Ende der Sex Pistols begann sich McLaren für afrikanische Burundi-Beats und entschieden mehr Glamouranteil zu interessieren. Er managte und/oder konzipierte Bands wie Adam And The Ants oder Bow Wow Wow. McLarens berüchtigter Größenwahn war längerfristigen Kollaborationen jedoch nicht förderlich.

Als Musiker gelangen McLaren 1983 mit Buffalo Gals und Double Dutch Welthits. Er bediente sich dabei in der Weltmusik und kombinierte sie mit dem damals frischen US-HipHop. Er produzierte bis in die frühen 1990er-Jahre von der Kritik großteils mit Entsetzen aufgenommene Melangen aus Walzer und Dancefloor (Waltz Darling) oder kombinierte Oper mit Pop (Fans). 1990 "entdeckte" er die schwule New Yorker Vogue-Szene für die Single Deep In Vogue, wurde allerdings wenige Monate später von Madonna mit deren Song Vogue aus den Charts geblasen. Eine Situation, die charakteristisch für die Laufbahn des Trendscouts, Blenders und Großmeisters des Pop-Hypes war. Zuletzt produzierte McLaren 2006 Richard Linklaters Film Fast Food Nation, entwarf Kindermode und wandte sich der bildenden Kunst zu. Am Donnerstag erlag Malcolm McLaren einem Krebsleiden. Er wurde 64 Jahre alt.

Lebensfeind John Lydon, der vor Gericht knapp eine Million Euro von McLaren erkämpfte, meinte zu seinem Tod: "Für mich war Malc immer unterhaltsam. Er war ein Entertainer. Ich vermisse ihn, und ich finde, das sollte jeder tun." (Christian Schachinger, DER STANDARD/Printausgabe, 10./11.04.2010)