Ljubljana- Vor dem mit Spannung erwarteten Spruch des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zur Rechtmäßigkeit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo signalisiert Serbien ein Abrücken von seiner starren Haltung in dieser Frage. Der Chef des außenpolitischen Ausschusses im Belgrader Parlament, Dragoljub Micunovic, sagte am Dienstag bei einem Vortrag in Ljubljana, dass Belgrad nach dem IGH-Spruch zu "angemessenen Lösungen" im Kosovo-Streit bereit sei, und brachte konkret auch eine Teilung der früheren südserbischen Provinz ins Spiel.

Belgrad werde nach dem Richterspruch über sein weiteres Vorgehen entscheiden, so Micunovic nach Angaben der slowenischen Nachrichtenagentur STA. "Wir sind offen dafür, dass alle Fakten berücksichtigt werden und eine angemessene Lösung gefunden wird", betonte der serbische Spitzenpolitiker in einem Vortrag auf der Laibacher Fakultät für Gesellschaftswissenschaften zum Thema "Serbien und die EU".

Teilung des Kosovos als Möglichkeit

Eine der möglichen Lösungen sei die Teilung des Kosovo, da es sich bei den Grenzen des Kosovo nicht um historische Grenzen handle, so Micunovic mit Blick auf die Ablehnung der neuen Regierung in Pristina durch die Bewohner des mehrheitlich serbischen Nordkosovo. Auch hoffe er, dass der IGH in seinem Gutachten eine internationale Konferenz zum Kosovo vorschlagen werde, sagte der Parteifreund des serbischen Präsidenten Boris Tadic. Serbien werde alle Lösungen akzeptieren, die zum Frieden und zur Stabilität in der Region beitragen, betonte Micunovic.

Serbien nimmt die im Februar 2008 erfolgte Unabhängigkeitserklärung des mehrheitlich von Albanern bewohnten Kosovo nicht hin. Fast alle EU-Staaten haben den Kosovo mittlerweile als unabhängigen Staat anerkannt. Die Isolation Serbiens in dieser Frage wurde vor zwei Wochen besonders deutlich, als alle Westbalkan-Staaten - auch das den Kosovo nicht anerkennende Bosnien-Herzegowina - an einem regionalen Gipfel im slowenischen Brdo bei Kranj teilnahmen, zu dem auch der kosovarische Premier Hashim Thaci als gleichberechtigter Teilnehmer geladen war.

Ein Drittel der UNO-Staaten erkannte Kosovo an

Auf Antrag Serbiens hat die UNO-Generalversammlung im Herbst 2008 ein Rechtsgutachten zur Frage, ob die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo im Einklang mit dem Völkerrecht stehe, beim Internationalen Gerichtshof angefordert. Gut ein Drittel der 192 UNO-Staaten hat die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. 29 Staaten, darunter auch Österreich, haben Stellungnahmen im IGH-Verfahren abgegeben. In der öffentlichen Anhörung unterstützten 14 Staaten die Unabhängigkeit des Kosovo, zwölf bezogen gegen sie Stellung. Das Rechtsgutachten soll zur Jahresmitte präsentiert werden. (APA)