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Traffic-Steigerung durch Besuchertausch: Betreiber von Webseiten "besuchen" sich gegenseitig, um die Zahl der Zugriffe zu steigern. Branchenkenner kritisieren diese Art der Traffic-Generierung.

Online-Werbung orientiert sich vor allem an quantitativen Zugriffsdaten auf Webseiten, neben den Unique Clients sind das Visits und Page Impressions. Wer seinen Webauftritt gut vermarktet und viele Besucher vorweisen kann, zieht auch die lukrativsten Werbeaufträge an Land. Als eine unkonventionelle und vor allem kostenlose Art, Webseiten bekannt zu machen, präsentieren sich Besuchertausch-Modelle wie eBesucher.de. "Bis zu 1.000 Besucher pro Stunde absolut automatisch und kostenlos", wirbt das Unternehmen im Internet. Das System funktioniert, in dem der Internetnutzer seinen Browser alleine surfen lässt und damit automatisiert Webseiten abruft. Dasselbe passiert im Gegenzug mit dem eigenen Webauftritt. Die Betreiber "besuchen" sich also gegenseitig online, um die Zahl der Zugriffe zu steigern.

"Surfbar" sorgt für Besucher

Der konkrete Vorgang: Webseiten-Betreiber öffnen einen Link für die so genannte "Surfbar" und lassen das Fenster laufen, so lange sie online sind. Während dieser Zeit werden automatisch alle 15 Sekunden Webseiten anderer Mitglieder eingeblendet, auf diese Art wird Traffic generiert. Wer die "Surfbar" laufen lässt, erhält für jede Stunde bis zu 1.000 Punkte auf ein virtuelles Konto, was 1.000 Besuchern entspricht. Wer eine gewisse Anzahl an Punkten gesammelt hat, kann seine eigenen Webseiten eintragen, die wiederum anderen Mitgliedern in der "Surfbar" gezeigt werden. Wer will, kann als "Sponsor" zusätzliche Punkte und in Folge noch mehr Besucher kaufen, wobei 1.000 Einblendungen in der "Surfbar" 15 Cent kosten.

Meist private Webseiten

Gegründet wurde eBesucher.de vor acht Jahren vom heute 24-jährigen Informatikstudenten Evgeny Anisiforov aus Deutschland. Er suchte damals nach einer Möglichkeit, die von ihm eingerichteten privaten Webseiten kostenlos zu bewerben. Nach einem Jahr meldete er sein Projekt als Unternehmen an, Firmensitz ist im deutschen Oberpörlitz. Seinen Angaben zufolge nutzen das Angebot derzeit rund 160.000 Webmaster, der Großteil bewirbt private Webauftritte oder Blogs, in letzter Zeit würden auch vermehrt Videos eingetragen. Rund ein Viertel aller Nutzer seien mittelständische Unternehmen, markante Kunden seien bisher ein Laptop-Hersteller und eine politische Partei gewesen.

Viel zusätzlicher Traffic

Ein System, mit dem also viel zusätzlicher Traffic generiert wird. Wem aber nützt dieser wirklich? "Vor allem in der Gründungszeit einer Webseite ist es wichtig, einen gesunden Mix aus Besuchern zu erhalten. Meistens wird ein Angebot nur dann ernst genommen, wenn die Leute sehen, dass auf der Webseite etwas los ist", sagt Anisiforov. Bei der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. (AGOF e.V.) will man sich kein Urteil darüber erlauben, ob diese Art und Weise der Traffic-Generierung seriös sei oder nicht: "Unsere Aufgabe ist eine korrekte Abbildung der Nutzung von Online-Angeboten sicherzustellen. Warum diese genutzt werden ist dabei unerheblich", lässt Geschäftsführerin Claudia Dubrau wissen.

"Sinnfreier Selbstbetrug"

Eine eindeutig negative Beurteilung bekommen Besuchertauchseiten wie eBesucher.de von Medienplanern und Vermarktern. "Eine sinnfreie Form des Selbstbetrugs, wenn man seine eigenen Statistiken schönen möchte, aber an sich funktionslos", konstatiert Roland M. Kreutzer, Geschäftsführer von Tripple Internet Content Services. Als "niedrigste Stufe im Internet-Business" und "letzten Ausweg für verzweifelte Website-Betreiber zur Traffic-Steigerung" bezeichnet Douglas H. Crichton von Motherboardmedia.com das Geschäftsmodell. "Man kann es Betrug, eine Masche, anrüchig oder einfach ein stupides Geschäft nennen - es kommt in jedem Fall einer Zeitverschwendung gleich."

"Online-Pyramidensystem"

Ein Besuchersystem dieser Art sei nichts anderes als "ein Online-Pyramidensystem, das einige Hundert Page Impressions mehr pro Tag generiert, jedoch ohne eine demografische Ansprache von Zielgruppen", so Crichton. Für Mediaplaner seien aber gerade Webseiten mit aktiven, regelmäßigen Usern mit bestimmter Verweildauer wichtig. Wenn der Inhalt stimme, bedürfe es keiner Tricks: "Dann hat der Webauftritt einen gewissen Wert für den Benutzer und die Webpräsenz bekommt eine gesunde, 'authentische' Basis von Zugriffen - die sie auch halten kann", erklärt Crichton.

Besucher vortäuschen

Kreutzer warnt, dass Modelle dieser Art dann gefährlich würden, wenn man auf einer Website Werbung verkaufe und mithilfe des Tauschsystems Besucher vortäusche, die es real nicht gebe. "Jeder Adserver findet solche Aktionen aber schnell heraus", sagt er. Wer es nötig habe, sich selbst Zugriffsstatistiken zu schönen, finde sicher auch einfachere Möglichkeiten. Dass Angebote wie eBesucher.de auch Werkzeuge des Online-Marketing - wie etwa E-Mail-Marketing in Form von Mailtausch - nutzen, sieht Crichton nicht gerne: Das Image von Online-Marketing würde dadurch getrübt. Generell glaubt er aber nicht, dass solche Geschäftsmodelle jenseits privater Websites oder anrüchiger Webauftritte genutzt werden. (mak, derStandard.at)