Der Gürtel gilt immer noch als Flagship-Store des Wiener Rotlichtmilieus - Für mehrere Bosse klickten jetzt die Handschellen

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Wien - Mit einer Sonderkommission geht das Bundeskriminalamt seit Monaten gegen die Wiener Rotlicht-Szene vor. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, am Dienstag bestätigte, wurden am vergangenen Wochenende mehrere "Gürtel-Größen" festgenommen und zahlreiche Hausdurchsuchungen durchgeführt. Details gab Jarosch nicht bekannt, da die Ermittlungen noch im Laufen seien. Den Verdächtigen wird Menschenhandel und Zuhälterei vorgeworfen. Auch ein angebliches Mordkomplott soll im Zuge der Ermittlungen aufgedeckt worden sein. Die Beschuldigten weisen die Vorwürfe zurück.

Bekanntgabe der Verhaftungen viel zu früh

Für die Anklagebehörde war die Bekanntgabe der Verhaftungen viel zu früh. Zumal noch weitere  Hausdurchsuchungen geplant waren. Die zuständige Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella hätte nach den Festnahmen gern ausreichend Zeit gehabt, um die Ergebnisse des Lauschangriffs in Ruhe auszuwerten und die Inhaftierten in separaten Einvernahmen damit zu konfrontieren. Dem Vernehmen nach preschte allerdings in der Vorwoche die Polizei derart vor, indem sie voreilig eine Pressekonferenz zu der Causa avisierte.

"Das gefährdet unser Ermittlungsverfahren"

Dessen ungeachtet gelangten auch Informationen zum Vorhaben frühzeitig in die Medien, und es wurde auch zu früh öffentlich, welche Etablissements konkret vom Lauschangriff betroffen waren. Für die Staatsanwaltschaft eine mittlere Katastrophe, wie Mediensprecherin Michaela Schnell betonte: "Aus ermittlungstaktischen Erwägungen ist das verheerend. Das gefährdet unser Ermittlungsverfahren."

Fest steht, dass für Richard St., der als einer der führenden Bosse der am Wiener Gürtel etablierten Szene gilt, am Sonntag in München die Handschellen klickten. Der gebürtige Kroate soll von der Aktion völlig überrascht worden sein. Er war gerade erst aus der Dominikanischen Republik zurückgekommen und glaubte zunächst an eine normale Passkontrolle. Der Verdächtige sei in Begleitung einer Dame festgenommen worden, hieß es am Dienstag aus informierten Kreisen.

Mindestens zwölf Personen in U-Haft

Dem Zugriff waren monatelange Ermittlungen des Bundeskriminalamts vorangegangen, die länderübergreifend geführt wurden: Bis zu zwölf Personen wurden verhaftet. Der Großteil der Verdächtigen - darunter auch der angebliche "Vize" von Richard St., Dusan R. alias "Rocky" - wurde bereits ins Wiener Landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt.

"Rocky" hatte in den vergangenen Jahren auch eine Nebenrolle im Wiener Polizeiskandal gespielt. Er soll gute Kontakte zu einem Chefinspektor gehabt haben, der sogar zu Rockys Hochzeit eingeladen war. Das behauptete zumindest ein 36-jähriger Aufpasser, der in der Szene unter "Versace" bekannt ist.

Entgegen ursprünglichen Berichten wurde der als "Mann fürs Grobe" bezeichnete, unter seinem Spitznamen "Repic - der Zopf" nicht in U-Haft genommen. Der 120-Kilo-Mann zählte laut Staatsanwaltschaft nicht zum Kreis der Verdächtigen.(red,APA)