Du quasselst mich an? Ethan Hawke und Maggie Q in Yvan Attals lakonischer Ode an Vor-der-Bar-Gespräche im New Yorker Stadtteil Soho.

Foto: Filmladen

Wien - Unter den Weltstädten mit besonderer Affinität zum Kino nimmt New York gewiss einen Spitzenplatz ein. Kaum eine andere Metropole brachte so viele Regisseure hervor, die ihrem Lebensraum so verfallen waren, dass sie daraus sogar einen Teil ihrer Legitimität bezogen. Aus New York zu sein und dort Filme zu machen, das hieß zu bestimmten Zeiten auch konsequent gegen den alles bestimmenden Markt an der Westküste zu sein, dem es nur selten um Filmkunst ging.

Der Episodenfilm New York, I Love You setzt bei dieser Ikonografie an, wobei die Liebe diesmal von auswärts kommt: Kein einziger der Filmschaffenden ist aus New York - mit Fatih Akin, Mira Nair, Natalie Portman, Shekhar Kapur, Shunji Iwai und fünf anderen sind Regisseure aus fast allen Erdteilen vertreten. Die Idee zum Film kommt vom französischen Produzenten Emmanuel Benbihy, der mit Paris Je t'a ime schon einschlägig aktiv war, Jerusalem und Schanghai werden demnächst amourös erforscht.

Omnibus-Filme wie diese leiden allerdings unter Mangelerscheinungen. Dass der dramaturgische Bogen einigermaßen vage bleibt, verwundert noch weniger als die Gleichförmigkeit der einzelnen Episoden, die meist dem Format erzählerischer Kurzfilm (mit Schlusspointe) genügen müssen. Dabei würde gerade die offene Klammer des Topos Stadt eine größere formale Variationsbreite ermöglichen.

Gestrandet in Manhattan

New York, I Love You schränkt New York darüber hinaus auf Manhattan ein - nur ein älteres jüdisches Pärchen, kauzig gespielt von Eli Wallach und Cloris Leachman, entkommt in Joshua Marstons letzter Episode am Hochzeitstag nach Coney Island. Das ist auch schon der einzige Beitrag, in dem Figuren eine Geschichte verkörpern, die sie mit ihrer Umgebung auf unwiderstehliche Weise zu verbinden scheint.

Der überwiegende Anteil der anderen Filme setzt auf den Faktor des multikulturellen Schmelztiegels. Kennwort: Zufallsbegegnung! Eine orthodoxe Jüdin (Natalie Portman), die mit einem indischen Juwelenhändler (Irrfan Khan) herumfeilscht; ein Maler (Ugur Yücel) und seine Muse (Shu Qi), die sich im Treiben der Stadt finden und doch verpassen: Die Beiträge von Mira Nair und Fatih Akin vermitteln das zu unspezifische Bild eines tastenden Nebeneinanders von Menschen unterschiedlicher Kulturen.

Yvan Attal entdeckt eher eine Art Schmalspur-Jim-Jarmusch in sich und versucht sich an einem lakonischen Konversationsstück vor den Bars von Soho. Die in ihrer opernhaften Stilisierung rätselhafteste Episode stammt von Shekhar Kapur (nach einem Skript des verstorbenen Anthony Minghella), in der Julie Christie in ihrem Hotel eine schicksalshafte Begegnung mit einem Hotelpagen (Shea LaBeouf) hat.

Kapurs Film erzählt zumindest offen von Projektionen - in einem Projekt, das den Blick von Fremden auf New York sucht, keine schlechte Strategie. Leider erschöpft sich der mehrheitliche Rest auf globalisierte Arthouse-Belanglosigkeiten.
(Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 7. 4. 2010)