Neben der guten Noten sei für Ärzte auch die Fähigkeit der menschlichen Zuwendung wichtig, meint Rösler. Deshalb und wegen eines drohenden Ärztemangels, will er den Numerus Clausus in Medizin abschaffen.

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Berlin - Der deutsche Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will wegen drohenden Ärztemangels den Zugang zum Medizinstudium in Deutschland erleichtern. "Ich plädiere für eine Abschaffung des Numerus clausus und für eine stärkere Berücksichtigung von Auswahlgesprächen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die Numerus -clausus-Regelung in Deutschland hat in den vergangenen Jahren zu einem starken Andrang deutscher Medizinstudenten in Österreich geführt. Aufnahmetests werden durchgeführt.

Der Notendurchschnitt allein sage nichts darüber aus, ob jemand ein guter Arzt werde, sagte der deutsche Gesundheitsminister Rösler, der selbst ausgebildeter Mediziner ist. "Ich finde, da kommt es noch auf ganz andere Faktoren an. So spielt die Fähigkeit zur menschlichen Zuwendung eine große Rolle." 

Jeder zweite Allgemeinmediziner über 55

Einen erheblichen Ärztemangel sieht Rösler schon jetzt in Deutschland auf dem Land. Hier sei die "gefühlte Unterversorgung" viel größer, als es die Statistiken auswiesen. "Wenn wir jetzt nicht handeln, wird das Problem dramatisch schon in den nächsten zehn Jahren." Rösler verwies zudem auf das hohe Durchschnittsalter der 150.000 niedergelassenen deutschen Ärzte: Jeder zweite Allgemeinmediziner sei über 55 Jahre alt. Ähnliche Bedenken hatte schon seine Parteikollegin Ulrika Flach im Februar geäußert.

Änderung noch in dieser Legislaturperiode möglich

Über ein verändertes Zuteilungsverfahren für die Medizin-Studienplätze müssten allerdings die deutschen Bundesländer befinden, gab Rösler zu bedenken. In seinen Gesprächen mit den Gesundheitsministern der Länder habe er indes noch keine Widerstände feststellen können, sondern eher Zustimmung. "Ich würde die Umstellung gerne noch in dieser Legislaturperiode politisch auf den Weg bringen", sagte der liberale Politiker.

Rekord bei Medizin-Aufnahmetests in Österreich

Bei den Medizin-Aufnahmetests am 9. Juli zeichnet sich eine Rekordteilnehmerzahl an den heimischen Medizin-Unis ab. An der Medizin-Uni Wien meldeten sich 5.571 Studienwerber persönlich für das Auswahlverfahren an, in Innsbruck waren es 2.715. In Wien stammen zwei Drittel der Bewerber aus Österreich und ca. ein Drittel aus der restlichen EU (fast alle aus Deutschland), in Innsbruck ist es genau umgekehrt.

Derzeit gilt eine Ausnahmeregelung für das Medizin-Studium in Österreich mit der EU, wonach 75 Prozent der Plätze für Studenten mit österreichischem Maturazeugnis, 20 Prozent für EU-Bürger und fünf Prozent für Nicht-EU-Bürger reserviert sind. Es endet aber 2012, denn diese Quoten widersprechen eigentlich der Gleichbehandlung aller EU-Bürger. Die EU-Kommission hatte allerdings im Jahr 2007 wegen der großen Zahl deutscher Numerus-Clausus-Flüchtlinge an Österreichs Medizin-Unis ein Moratorium gewährt und kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. (APA/dpa)