Abstrakte Dorfidylle: Lyonel Feiningers "Village" von 1953 für 650.000 Euro bei Salis & Verte.

Foto: Salis & Vertes / VBK

Wie aus einer halben Stunde ein gefühltes Vielfaches wird, davon können Kunsthändler ein Lied singen. Ein nur vereinzelt von potenziellen Kunden aufgelockerter Messetag kann lange dauern. Einerlei, in welch korrektem Minutentakt die Zeiger der Prunkpendule A l'obélisque (Lilly's Art, Wien) oder jene der aus Zirbenholz gefertigten Pinzgauer Standuhr (Runge, Linz) vorrücken.

Dass die 37 Teilnehmer der derzeit in Salzburg stattfindenden Messe für Kunst und Antiquitäten gleich bis zum 5. Mai und damit einen ganzen Monat länger in der ehemaligen erzbischöflichen Residenz ausharren sollten, verdanken sie allerdings dem redaktionellen Fehlerteufel. Bis 5. April und nicht einen Tag mehr, so der offizielle Plan.

Freilich, unter gewissen Umständen ließen sich vermutlich einige der Aussteller sehr wohl zu einem längeren Aufenthalt an der Salzach umstimmen. Eine Busladung kauflustiger Russen wäre da beispielsweise ein guter Anfang. Bloße Theorie, in der Praxis scheitert derlei schon auf Anordnung des Straßen- und Verkehrsamts der Stadt Salzburg. An der Macht eines für Zufahrtsgenehmigungen verantwortlichen Magistratsbeamten kann sich die Luxusausführung eines Omniliners schlecht vorbeischummeln.

Die internationalen Festspielgäste sind jedenfalls das seit 35 Jahren anvisierte Publikum. Bei der etwas spärlicher als sonst besuchten Vernissage dominierte noch die Alpennation, respektive die lokale Highsociety. Erst im Anschluss an Ropac-Eröffnung, Köchert-Cocktail und sonstige um den Auftakt der Osterfestspiele gestrickte Events bequemten sich die Internationalen Richtung artifizieller Shoppingmeile. Die dort feilgebotene Markenware aus mehreren Jahrhunderten gefiel am ersten Wochenende so gut, dass sich einige Aussteller zu optimistischen Prognosen hinreißen ließen. Und seitdem plätschern die Umsätze beschaulich dahin, hier wird eine der unzähligen Trattlalmversionen Alfons Waldes verpackt, da ein Kleinmöbel die Marmorstiegen runtergeschleppt oder dort eine Heiligenfigur sorgsam in Luftpolsterfolie gehüllt und zu seinem neuen Besitzer transportiert.

Den Titel Bestseller sicherte sich innerhalb weniger Tage jedoch nicht ein Vertreter der hier opulent auftretenden Klassischen Moderne, auch kein hochdotierter internationaler Star, sondern der Stillleben- und Landschaftsspezialist Karl Korab. Allein für die abgesetzte Menge verdient sich Erich Weniger (Wien) die Anrede "Mitarbeiter der Woche". Dicht auf seine Fersen dürfen sich Kovacek Spiegelgasse (Gemälde und Glas, Wien) und Josef Schütz (Wien) wähnen: Letzterer verkaufte bisher in einem repräsentativen geografischen Aktionsradius, einen Kolo Moser nach Belgien, einen Willy Eisenschitz in die USA, einen Georg Merkel nach Oberösterreich oder einen Sergius Pauser ins Burgenland.

Mit souveräner Gelassenheit beobachtet hingegen Thomas Salis (Salzburg, Zürich) das bunte Treiben. Nach einem sensationellen Verlauf der Tefaf in Maastricht, ließ er sich die Teilnahme an der Traditionsmesse nicht nehmen und bediente sich an seinem hochkarätigen Bilderlager: Neben dem 6,5 Millionen Euro teuren Kinderporträt Picassos verspricht hier nun ein wunderbarer Feininger Glückseligkeit für Sammler. (Olga Kronsteiner, ALBUM - DER STANDARD/Printausgabe, 03./04.04.2010)