Das aus einem Überwachungshubschrauber der europäischen Außengrenzenpolizei Frontex aufgenommene Foto zeigt ein Dinghi mit fünf Bootsflüchtlingen, das von der maltesischen Küstenwache kontrolliert wird. Die Malteser, so steht im Erklärungstext zu dem Agenturbild, hätten die Männer aus Eritrea im August 2009 nicht an Land gelassen, sondern sie als seetauglich bezeichnet. Nach Erreichen der italienischen Insel Lampedusa erzählten die Eritreer, im Boot seien ursprünglich 78 Menschen gewesen. 73 seien auf der Überfahrt von Afrika ums Leben gekommen - unbewiesen, aber möglich.
Ein auf YouTube abrufbares Video (http://www.youtube.com/watch?v=oV0Cuexukmk) von Juni 2009 zeigt die versuchte Abschiebung eines Senegalesen. Auf dem Madrider Flugfeld, direkt vor der Gangway, wird der Mann von Polizisten zum Paket geschnürt: Fesseln um die Beine, um die hinter den Rücken gedrehten Arme, Maske vor die Augen. Fast unglaublich, dass er es schafft, sich auf dem Betonboden aufzubäumen und umzudrehen. Acht Minuten dauert die von Unterstützern im Terminal gefilmte Szene. Am Ende wird der Mann als zusammengestauchtes Menschenpaket in einen Polizei-Van geworfen.


Eine Presseaussendung der deutschen Initiative www.gegenabschiebehaft.de informiert über den Tod des 17-Jährigen David M. Nach zweieinhalb Wochen Hungerstreik im deutschen Abschiebegefängnis Büren starb der Georgier, ein Minderjähriger allein in Deutschland, am 26. Februar 2010 im Justizvollzugskrankenhaus. Immer wieder würden unbegleitete Kinder und Jugendliche in Abschiebehaftanstalt gesteckt, wird Initiativenobmann Frank Gockel zitiert: „Aus Gesprächen weiß ich, wie gerade sie so systematisch zerstört werden."

Brutale Abschiebungen sind in vielen EU-Staaten an der Tagesordnung, auch Todesfälle gibt es dabei immer wieder - und das Flüchtlingssterben vor den europäischen Mittelmeerküsten wird seit Jahren in Kauf genommen. Den relativ wenigen Menschen, die das als Skandal empfinden, steht eine schweigende, tendenziell immer ausländerfeindlichere Mehrheit gegenüber - auch in Österreich, wo Bürgerinitiativen jetzt gegen unmenschliche Abschiebungen, etwa von Familien mit Kindern, mobilisieren ( www.kinderrechte-sofort.org , www.fussballverbindet.org ). Die Verrohung ist EU-weit Alltag: eine Aneinanderreihung menschenrechtlicher Bankrotterklärungen. Hier kommt eine Unmenschlichkeit zum Ausdruck, die die Gesellschaft als Ganzes bedroht.

Irene.Brickner@derStandard.at