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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lehnt Österreichs Regelung für In-vitro-Fertilisation ab.

Foto: APA/W. FEICHTINGER

Straßburg/Wien - Geht es nach dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR), muss Österreich das Verbot von Eizellen- und Samenspenden für die In-vitro-Fertilisation (IVF) aufheben. In seinem Urteil stellte das siebenköpfige EGMR-Richtergremium, darunter auch Elisabeth Steiner aus Österreich, am Donnerstag fest, dass die heimische Regelung gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstößt - konkret gegen das Diskriminierungsverbot (Artikel 14) in Verbindung mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens (Artikel 8).

Anlassfälle waren zwei verheiratete Paare, die bereits vor zwölf Jahren ihre Kinderwünsche mittels IVF erfüllen wollten. In beiden Fällen konnten die Frauen keine Eizellen produzieren, einer der Ehemänner war unfruchtbar.

Doch für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzungsbehandlung dürfen in Österreich nur Eizellen beziehungsweise Samen von Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden. Sperma eines Dritten darf nur verwendet werden, wenn jenes vom Ehegatten oder Lebensgefährten der Frau für eine Befruchtung der Eizelle nicht geeignet ist - aber auch dann ist eine Befruchtung im Reagenzglas nicht zulässig, der fremde Samen muss in die Gebärmutter eingebracht werden (Insemination mit Samenspende).

Das Einsetzen von fremden Eizellen ist generell verboten. Einerseits, weil der Gesetzgeber befürchtet, dass sonst ein florierender Handel mit Eizellen entstehen könnte. Andererseits, weil sich möglicherweise die Frage stellen könnte, wer denn dann die Mutter sei. Im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch ist jedenfalls festgelegt, dass "die Mutter eines Kindes jene Frau ist, welche das Kind geboren hat".

Viele Paare weichen ins Ausland aus

In einigen Ländern Europas, wie zum Beispiel in den Benelux-Staaten, in Tschechien oder in Spanien, ist das Einsetzen von fremden Eizellen legal. Dementsprechend weichen auch viele Paare ins Ausland aus. Die Preise reichen von 4000 bis 10.000 Euro pro Eingriff. Zuletzt wurde das Thema in Österreich vor drei Jahren breiter diskutiert, als eine 66-jährige Grazerin ein Kind zur Welt brachte. Auch sie hatte sich im Ausland eine fremde Eizelle einsetzen lassen. Viele Mediziner in Österreich, darunter etwa Primarius Gernot Tews von der Landesfrauenklinik in Linz, haben sich in der Vergangenheit immer wieder für die Zulassung von Eizellenspenden ausgesprochen.

Von der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt gibt es noch keine Reaktion auf das EGMR-Urteil. Man werde sich damit in der nächsten Sitzung am 12. April näher befassen, hieß es auf Anfrage des Standard. Auch im Justiz- und im Gesundheitsministerium weiß man noch nicht, welche Konsequenzen konkret gezogen werden. Urteile des EGMR sind grundsätzlich verbindlich. Bei Nichtbefolgen können gegen Staaten Entschädigungszahlungen verhängt werden.  (Michael Simoner, DER STANDARD - Printausgabe, 2. April 2010)