Herr P. ist Senior Partner einer Firma in der Wiener Innenstadt und Gentleman-Radfahrer. Das heißt, er ist einer der beneidenswerten Nichtschwitzer, die mit Anzug und Krawatte fahren. Vor einigen Monaten fuhr er in Wien 1 gegen eine Einbahn. Das darf man an sich. Bei dieser Einbahn aber nicht. So wurde Herr P. von drei Polizisten belehrt, die plötzlich hinter einem Blumentrog auftauchten.

Nun beginnt eine der beliebten Begegnungen zwischen Bürger und Amtsorgan. Herr P. zeigte keinen Ausweis, sondern eine Visitenkarte vor. Ein scharfsinniger Polizist: "Ham S' des Ihren Vater g'stohln, da steht Kommerzialrat drauf." Und: "Auf der Rückseite steht was anderes." Herr P.: "Das ist Englisch". Der Polizist: "Das könnten Sie auch gestohlen haben." Fortsetzung auf dem Wachzimmer, wo Herr P.s Identität im Computer festgestellt wird. Er verlangt den Kommandanten. Nicht da. Die Dienstnummer. Wird nicht hergegeben. Dafür soll er ein Protokoll unterschreiben.

Herr P. entfernt sich. Monate später eine Strafverfügung. Weil "das Fahrrad keine helltönende Glocke zur Abgabe von Warnzeichen; keinen Rückstrahler mit einer Lichteintrittsfläche von mindestens 20 cm; keine Felgen mit Seitenrändern ringförmig weiß und gelb rückstrahlend" hatte.

In solchen Fällen fragt der Bürger meist, ob die Polizei nichts Besseres zu tun hat, z. B. Einbrecher jagen? Und, was soll man sagen, in Fällen wie diesem hat der Bürger sogar recht. (Hans Rauscher/DER STANDARD; Printausgabe, 1.4.2010)