Serbien möchte Mitglied der Europäischen Union werden. Deshalb schielt Belgrad, was immer es innenpolitisch macht, auch nach Brüssel. Wenn man also die Srebrenica-Deklaration als einen Test für den Umgang mit der Vergangenheit in Serbien betrachtet, dann muss man sich die Frage stellen: Hat Serbien diesen Test bestanden?

Die Antwort lautet: ja, aber knapp - ebenso knapp, wie die Abstimmung für die Deklaration ausgegangen ist. Die Demokratische Partei (DS) von Staatspräsident Boris Tadic hat als Seniorpartner in der Regierung erreicht, was derzeit in Serbien möglich ist: eine halbherzige Entschuldigung, bei der man das monströse Verbrechen wenigstens wahrnimmt. Das reicht gerade, damit Serbien nicht im Rahmen des europäischen Wertesystems disqualifiziert wird.

Die durch faule Kompromisse erreichte Deklaration wird aber recht wenig zur Vergangenheitsbewältigung in Serbien beitragen. Denn jenseits der Lippenbekenntnisse gibt es fast nichts: keine institutionelle, systematische Aufarbeitung der Geschichte, keine Medienkampagne, kein entsprechend gestalteter Schulunterricht.

Die politischen Kräfte, die in den 1990er-Jahren in Serbien für die serbische Soldateska verantwortlich waren, sind de facto rehabilitiert worden. Diese Srebrenica-Deklaration war für die einen zu viel, für die anderen viel zu wenig. Sie ist ein pragmatischer Schritt nach vorn. Mit Reue oder Versöhnung hat das recht wenig zu tun. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.4.2010)