Cover der aktuellen "Cargo"-Ausgabe

Coverfoto: Cargo

In der Fernsehserie "Seinfeld" gibt es eine ganze fiktive Filmgeschichte, mit Titeln wie "Rochelle, Rochelle" ("a strange erotic journey from Milan to Minsk") oder "Pain and Yearning" ("an old women experiences pain and yearning"). Meistens gehen die vier Protagonisten ins Kino, manchmal aber wird auch ausgeborgt, denn die 90er Jahre waren das Jahrzehnt der Videokassetten. Da die Filme in Seinfeld aber fiktiv sind, werden wir sie niemals zu sehen bekommen. Es gibt sie schlicht nicht.

Inzwischen haben wir das erste Jahrzehnt der DVD hinter uns, und ein zweites dürfte auf jeden Fall noch folgen, und das führt dazu, dass immer mehr Filme, die es gibt oder einmal gab, (wieder) zugänglich werden. Was die zunehmende Digitalisierung der Filmgeschichte für unser Wissen darum bedeutet, ist am eigenen Alltag gut ablesbar - das Wissen vertieft sich, wird aber auch fragmentierter, weil der Horizont immer weiter hinausrückt. Es gibt keine abgelegenen Filmländer mehr, nur noch Sprach- und Untertitelungsgrenzen. Eine der besten Seiten zur Orientierung im weltweiten Zusammenhang der digitalen Filmpublikation ist www.dvdbiblog.wordpress.com - sie zeigt vorbildlich, wie man mit der Flut der Veröffentlichungen umgehen kann.

Ursprünglich diente die Seite vor allem dazu, Menschen mit Informationen zu versorgen, die DVDs und Medien für Bibliotheken einkaufen. Peter Delin, der Mann, der DVDBiblog betreibt, ist in Berlin für die Stadt- und Landesbibliothek einschlägig tätig und hat im Lauf der Jahre eine phänomenale (und enorm rege nachgefragte) Sammlung aufgebaut. In seinem Blog geht es aber nicht nur darum, wo welche DVDs neu erscheinen. Es handelt sich um ein bibliographierendes Weblog auch insofern, als hier beobachtet wird, was in den unterschiedlichsten Medien zu der technisch wesentlich vielfältiger bedingten "Cinephilie des 21. Jahrhunderts" geschrieben wird (hier ein Beispiel).

Immer häufiger gehen zum Beispiel jetzt auch Staaten mit digitalen Portalen an den Start, auf denen das nationale Filmerbe zugänglich gemacht wird (hier der entspreichende DVDBiblog-Eintrag). Manchmal geht es aber auch ganz einfach darum, bei einer erscheinenden DVD die Fassung zu überprüfen: Von Orson Welles' Der Prozess kursiert in Deutschland eine gekürzte Version, deswegen sollte man lieber die DVD aus Frankreich bestellen (http://dvdbiblog.wordpress.com/2008/04/05/der-prozess-von-orson-welles-gekurzt/). Und wenn gelegentlich auch eine falsche Information veröffentlicht wird, dann wird diese von der Community in der Regel bald korrigiert. (reb)