Wollen sie oder wollen sie nicht? Lange war unklar, ob die Volkspartei auch einen Kandidaten ins Rennen um die Präsidentschaft schickt. Bis man sich dann endgültig dagegen entschied, wurde eine ganze Reihe von Persönlichkeiten als Kandidaten kolportiert. derStandard.at bringt einen Überblick über die "Leider nein"-Kandidaten der ÖVP.

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (hier beim diesjährigen Wiener Opernball) liebäugelte lange mit einem Wechsel vom St. Pöltner Landhaus in die Hofburg. Bereits am 22. Juni 2009 kürte ihn die "Kronen Zeitung" zum "vermutlich kommenden ÖVP-Präsidentschaftskandidaten". Da die parteiinterne Unterstützung für Pröll aber endenwollend schien, ...

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... entschloss sich der Landesvater plötzlich, seine Niederösterreicher nicht verwaisen lassen zu können. Er werde von einer Kandidatur absehen, weil "zunehmend Unsicherheit, insbesondere in Niederösterreich aufkommt", teilte Pröll in der "ZiB2" am 13. Oktober 2009 mit. Gleichzeitig sprach er sich entschieden für einen ÖVP-Kandidaten gegen Amtsinhaber Heinz Fischer aus. Er habe "eine Reihe von Persönlichkeiten in meinem Kopf, die absolut Chancen haben".

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Von der Pröll'schen Kopfgeburt inspiriert, begann in Österreichs Medien das große Kandidaten-Raten. Als heißer Tipp für honorige Posten gilt in der ÖVP seit jeher Seniorenbund-Obmann Andreas Khol. Der schien Fischer aber selbst viel zu sehr zu schätzen, um ihn herausfordern zu wollen. "Ein sehr respektabler, ernstzunehmender Bundespräsident, der keine großen und auch keine kleinen Fehler gemacht hat", sagte Khol über den Sozialdemokraten.

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Landeshauptmann Pröll ließ sich nicht grämen, schließlich hatte er neben Khol auch noch Franz Fiedler ins Spiel gebracht. Den ehemaligen Rechnungshof-Präsidenten hatte die FPÖ schon 2004 als Kandidaten umgarnt. "Hat das überhaupt eine Realistik?", gab der überraschte Fiedler dem Niederösterreicher Pröll zurück.

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Fiedler sollte mit seiner Vorsicht Recht behalten. "Ich war in der Frage eines ÖVP-Kandidaten lange in der Minderheit, aber ich nehme an, dass sich heute Nachmittag eine Mehrheit für diese Position findet", wusste Christoph Leitl am 25. Februar 2010 schon wenige Stunden vor dem ÖVP-Bundesparteivorstand. Zuvor war der Wirtschaftskammerpräsident - erraten - selbst von Erwin Pröll als Kandidat vorgeschlagen worden. Parteichef Josef Pröll sagte im Vorstand: "Für die ÖVP ist die Bundespräsidentenwahl erst beim nächsten Mal, im Jahr 2016, wieder Thema." Sein Onkel Erwin erschien nicht.

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Der Beschluss des ÖVP-Vorstands, Fischer die Hofburg kampflos zu überlassen, bereitete den Spekulationen aber kein Ende. BZÖ-Obmann Josef Bucher forderte ÖVP-Chef Josef Pröll noch im März mehrmals auf, gemeinsam einen Kandidaten rechts der Mitte zu unterstützen. Zuvor hatte er selbst mit einer BZÖ-Kandidatur spekuliert, aber abgewunken.

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BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner verkündete am 10. März 2010, für das BZÖ seien neben Fiedler auch Altkanzler Wolfgang Schüssel und die frühere Außenministerin Ursula Plassnik als überparteiliche, bürgerliche Kandidaten vorstellbar. In der ÖVP wertete man derlei Überlegungen als orangen "Anbiederungsversuch".

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Die unendliche Kandidaten-Geschichte wurde um ein Kapitel reicher, als der EU-Abgeordnete Othmar Karas in einem STANDARD-Interview am 16. März eine "bedrückende Situation" bei der Präsidentenwahl einräumte. Sogleich bestürmten Österreichs Medien den ÖVP-Politiker, ob er nun als überparteilicher "Mr. Europa" ins Rennen gehe. Karas dementierte ein Antreten prompt: Er wollte nur das demokratiepolitische Defizit bei dieser Wahl ansprechen, selbst aber nicht kandidieren.

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Rudolf Gehring, Parteichef der "Christen", peilt als unabhängiger Kandidat sogar die Stichwahl gegen Amtsinhaber Fischer an. Da er sich in der "bürgerlichen Mitte" sieht, fragte die "Presse" Niederösterreichs ÖVP-Klubobmann Klaus Schneeberger - seit einigen Wochen Erwin Prölls Sprachrohr in Sachen Bundespräsidentschaft -, was von dem erklärten Abtreibungsgegner zu halten sei. "Zu konservativ", winkte Schneeberger ab. Der Klubobmann im Nationalrat, Karlheinz Kopf, will sich nicht äußern, ob er Gehring für wählbar halte. Ein ÖVP-gestützter Kandidat sieht jedenfalls anders aus.

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Fazit: Die Volkspartei schaffte es in diesem Jahr zwar die "Superpraktikantin" zu ermitteln. (Die 26-jährige Reez Wollner durfte Vizekanzler Pröll eine Woche lang begleiten.) Einen "Superkandidaten" fand sie nicht. (kap, derStandard.at, 30.3.2010)

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