Bild nicht mehr verfügbar.

Bewohner des Dorfes Bangadi im Nordost-Kongo beim Training. Sie wappnen sich gegen einen möglichen Überfall der LRA.

Foto: Reuters/O'Reilly

Bild nicht mehr verfügbar.

"Das Massaker von Makombo ist eines der schlimmsten in der 23-jährigen blutigen Geschichte der LRA", sagte die Afrikaexpertin von Human Rights Watch (HRW), Anneke Van Woudenberg,

Foto: AP Photo/Rebecca Blackwell

Bild nicht mehr verfügbar.

Angehörige der Lord's Resistance Army (LRA) bei Verhandlungen in Ri-Kwangba, im Süd-Sudan, im November 2008.

Foto: REUTERS/Africa24 Media

Erst jetzt wurde publik, dass die Rebellen der Lord Resistance Army (LRA) im Dezember des Vorjahrs im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo über 300 Dorfbewohner brutal ermordeten.

*****

Die Hauptstraße in Tapili im Nordosten der Demokratischen Republik Kongo ist ein schmaler Lehmpfad, der rechts und links vom dichten Regenwald des Kongobeckens begrenzt wird. Straßen in den Rest des Landes gibt es hier ebenso wenig wie Strom oder ein Mobilfunknetz. So abgelegen ist die Region, dass erst jetzt, mehr als drei Monate danach, eines der schlimmsten Massaker in der von jahrzehntelangem Bürgerkrieg gezeichnete Region bekannt geworden ist. "Aus dem Busch kamen gut zwanzig Männer und haben behauptet, sie seien Soldaten der kongolesischen Armee", erinnert sich der Dorfpfarrer von Tapili, Joseph Nzala, an den 14. Dezember. "Sie sagten, sie wollten unsere Schule und Kirche beschützen." Doch bei den vermeintlichen Beschützern handelte es sich in Wirklichkeit um Kämpfer der brutalsten Rebellenarmee, die derzeit in Afrika aktiv ist: die "Widerstandsarmee des Herrn" (LRA), die von dem selbsternannten Propheten und gesuchten Kriegsverbrecher Joseph Kony geleitet wird.

Ein Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) beschreibt das Blutbad, das sich in Tapili abspielte: die Männer töteten hunderte Bewohner mit Äxten und Macheten, meist mit einem einzigen Schlag, berichten Augenzeugen. Buben und Mädchen wurden gefesselt und entführt: die Buben werden in der 23-jährigen Tradition der LRA zu Kindersoldaten ausgebildet, die Mädchen als Sexsklavinnen missbraucht. Einige Erwachsene wurden als Träger rekrutiert, um benachbarte Dörfer heimzusuchen. In den folgenden fünf Tagen wiederholte sich das Grauen von Tapili immer und immer wieder. Adam Matsaga, der in der Region eine Menschenrechtsgruppe leitet, hat Buch über die Toten geführt. 321 hat er gezählt, unter ihnen Merci Zunane, drei Jahre alt. Doch Matsaga und viele andere halten es gut für möglich, dass die Zahl der im dichten Urwald verscharrten Opfer noch um einige hundert höher liegt.

"So gut wie ausradiert"

Es ist bereits das zweite Mal, dass die aus Nord-Uganda stammende LRA im Norden Kongos derart brutal zugeschlagen hat. Zu Weihnachten 2008 überfielen die Rebellen das Dorf Faradje, gut 200 Kilometer weiter östlich, und ermordeten mehr als 900 Bewohner. Noch vor wenigen Monaten hatten ugandische Militärsprecher behauptet, die LRA sei "so gut wie ausradiert". "Aber das Massaker von Tapili zeigt, dass die LRA nach wie vor handlungsfähig ist" , warnt die HRW-Koordinatorin Anneke van Woudenberg. Die von den USA unterstützte, gemeinsame Offensive von ugandischer, kongolesischer und südsudanesischer Armee hat die LRA nicht besiegt. Van Woudenberg fordert eine neue Strategie gegen die LRA, an der auch die UN-Truppen im Kongo beteiligt sein sollen. Würden die UN-Truppen, wie von Kongos Regierung gewünscht, abziehen, wäre Chaos die Folge. "Dann geht das Morden richtig los." (Marc Engelhardt aus Nairobi/DER STANDARD, Printausgabe, 29.3.2010)