Polypropylen und asiatischer Kitschfertigkeit sei Dank: Was nicht blüht, wird auch in Paris blühend gemacht. Auf Surrogate Japanischer Kirsche oder spanischer Mandel stößt man derzeit auch im historischen Gebäude der ehemaligen Börse, wo das Plastikbaumwerk aus Nischen und Gängen kreischt.

Weder Connaisseurs noch das Sammlerpublikum oder die aus der ganzen Welt angereisten Museumskuratoren lenkt derlei Interieurfirlefanz ab. Auf dem Programm steht der "Salon du Dessin" , und also sprießt und feixt deren Begehr von den Wänden, in jeder nur erdenklicher Form, die das Medium Zeichnung sowohl technisch als auch motivisch überhaupt zu bieten vermag.

Neben Dante Gabriel Rosettis Verkündigung ankern bei Agnew's (London) John Ruskins Fischerboote an einem Flussufer, während bei Jean François Baroni (Paris) ein Mohr unerbittlich mit einem Löwen kämpft, skizziert von Eugène Delacroix für die später auch in Öl komponierte Löwenjagd (Art Institute Chicago). Bei Thomas Le Claire (Hamburg) verliert man sich im Blattwerk einer üppigen Baumlandschaft Ernst Fries'. Zwischen den erwiesenen Talenten der Kunstgeschichte, italienischer, niederländischer oder französischer Provenienz, hat sich auch Zeitgenössisches gedrängelt. So manches Strichmännchen der Gegenwart wirkt im Tross altmeisterlicher Qualifikationen schon seltsam deplatziert.

Zwischen 25 und 50 Prozent ihres Jahresumsatzes spielen die 39 hier versammelten Spezialisten innerhalb der sechstägigen Laufzeit ein. Der seit bald 20 Jahren stattfindende "Salon du Dessin" sei, so Gerhard Kehlenbeck von Le Claire, schlicht konkurrenzlos gut und deshalb Pflicht. Seine Bilanz im Anschluss an die Vernissage: Zwischen 15 und 20 Zeichnungen wechselten den Besitzer.

Das Preisniveau dieser Spezialmesse ist breit gefächert, beginnend bei 600 Euro für das von einem unbekannten Künstler in Kohle skizzierte Porträt Tante Lucis über 150.000 Euro für die aus sechs Blättern bestehende Mutterhuldigung von Luise Bourgeois (Galerie Karsten Greve, Paris) bis zu 780.000 Euro für Egon Schieles Liegenden männlichen Akt.

Dieser begleitete Wienerroither & Kohlbacher (Wien) nicht nur bei ihrem erfolgreichen Debüt in Maastricht (TEFAF), sondern auch dem in Paris. Allerdings nur für wenige Stunden, wonach das Aquarell seine Reise Richtung Belgien antrat. (kron, DER STANDARD/Printausgabe 27.3./28.3.2010)