Wien - Helmut Baudis, Generalsekretär des österreichischen Leichtathletik-Verbands (ÖLV), fordert ein Dopingverfahren gegen die ehemalige Top-Läuferin Stephanie Graf. Das erklärte Baudis in einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung (Donnerstag). Die 36-jährige Kärntnerin hatte im November gegenüber dem "Kurier" erklärt, dass sie sich bei Humanplasma Blut hatte abnehmen lassen, das Blut aber nicht refundiert zu haben.

"Da muss man definieren: Wann ist ein Versuch ein Versuch? Der Leiter der NADA, Andreas Schwab, hat wiederholt gesagt, im Zweifelsfall wird es ein Verfahren geben. Also meine ich, dass auch bei Frau Graf ein Dopingverfahren eingeleitet werden muss", wurde Baudis zitiert. Der ÖLV selbst, so Baudis, könne nicht aktiv werden, "weil wir keine Einsicht in die Unterlagen der SOKO haben".

Graf kann die Vorgangsweise des ÖLV nicht nachvollziehen. "Ich habe den Besuch bei Humanplasma zugegeben und ebenso wird von Humanplasma bestätigt, dass bei mir kein Blut rückgeführt wurde. Ich verstehe nicht, was das Ganze beinahe sieben Jahre nach meinem Rückzug aus dem Sport soll", wurde sie in einer Aussendung am Samstag zitiert.

Die Olympiazweite über 800 m von Sydney 2000 trat Anfang 2004 wenige Monate vor den Olympischen Sommerspielen in Athen überraschend zurück. Laut ihren Angaben sei ihr das im Herbst 2003 in den Räumlichkeiten von Humanplasma in Wien abgenommene Blut nicht rückgeführt worden, demnach liege ihrem Verständnis nach auch kein Dopingvergehen vor. Laut geltenden Statuten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) ist aber bereits der Versuch des Doping strafbar.

Prüfung

Weil wie Graf etwa auch der ehemalige Ruder-Nationaltrainer Martin Kessler eine Blutabnahme einiger seiner Sportler bei Humanplasma bestätigt hat, lässt die NADA derzeit von der Internationalen Anti-Doping-Agentur WADA prüfen, ob zum Zeitpunkt des Geschehens WADA- oder andere internationale Verbands-Vorschriften verletzt worden sind. Erst wenn man diese Ergebnisse habe, könne man prüfen, ob Verfahren vor der Rechtskommission einzuleiten sind, erklärte NADA-Chef Andreas Schwab.

Aufgrund der Situation hatte die NADA vergangene Woche zwei WADA-Juristen aus Montreal nach Wien gebeten und ihnen die Situation dargelegt. Innerhalb von weiteren zwei Wochen hoffe man nun, die Ergebnisse der Prüfung aus Kanada zu erhalten, so Schwab. Insgesamt gelte es zu klären: "Hat es einen Versuch gegeben, wann hat es einen Versuch gegeben und war dieser Versuch zum Zeitpunkt des Geschehens strafbar", so Schwab, der die immer engere Zusammenarbeit mit der WADA hervorstrich. "Irgendwann soll das Thema Humanplasma ja aufgearbeitet sein." (APA)