Die Verantwortung der Kirche wurde nicht hinreichend ange-sprochen, sagt Erhard Busek und empfiehlt den Kirchen-oberen einen Bußgang

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Standard: Mit welchem Gefühl gehen Sie in die Kirche?

Busek: Mit einem bedrückten. Ich habe den Eindruck, dass die Kirche derzeit nicht in der Lage ist, die Botschaft Christi in entsprechender Weise zu verkünden.

Standard: Haben Sie jemals an Austritt gedacht?

Busek: Ich bin persönlich der Ansicht, dass man aus der Kirche nicht austreten kann. Ich glaube, dass man ein Bestandteil der Kirche ist und dass das ein unverlierbarer Charakter ist.

Standard: In den letzten Tagen war von zivilem Ungehorsam die Rede.

Busek: Ich kann mir darunter nichts vorstellen. Es geht eher darum, sich zu artikulieren. Meines Erachtens hat die Kirchenleitung seit geraumer Zeit ihre Verantwortung nicht wahrgenommen. Ich habe von mir aus eigentlich alles unternommen, die Kirchenleitung darauf aufmerksam zu machen. Ich glaube, dass man das fortsetzen muss.

Standard: Und wurden Sie auch gehört?

Busek: Es wurde keine Tür zugeschlagen. Aber Wirkung hat es keine gehabt.

Standard: Was würden Sie der Kirchenleitung denn empfehlen?

Busek: Ich würde ein mittelalterliches Beispiel empfehlen. Alle Kirchenoberen, die das Gefühl haben, dass sie ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden sind, und das sind sicher nicht nur Bischöfe, das geht auch in andere Ränge, sollten ein sichtbares Zeichen der Buße setzen. Sie sollten eine Fußwallfahrt machen oder, noch besser, auf Knien den Berg hinaufrutschen. Was ich damit sagen will: Die Kirche wird nicht herumkommen, ein dramatisches Zeichen zu setzen. Wallfahrten und Bußgänge haben eine gewisse Tradition. Es geht nicht nur darum, ob es ein anderer versteht. Offensichtlich geht es auch darum, die eigene Verantwortung zu sehen. Ich halte es für unmöglich, das Milieu von heute dafür verantwortlich zu machen.

Standard: Wie es der Papst im Hirtenbrief gemacht hat?

Busek: Ich halte es für unmöglich. Das ist eine Ausrede. Hier wurden Handlungen gegen die Menschenwürde gesetzt. Diese Übergriffe sind persönliche Handlungen, es gibt eine persönliche Verantwortung, aber auch eine Verantwortung die Kirche. Und die wurde nicht hinreichend angesprochen.(Michael Völker, DER STANDARD, Printausgabe 25.3.2010)