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Gewerbsmäßiges Betteln - oder bloß Schnorren für den Eigenbedarf? Das soll künftig die Polizei von Fall zu Fall entscheiden

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Wien - Will die Wiener SP unter dem Deckmantel des "gewerbsmäßigen Bettelverbotes" das Betteln in Wien generell unter Strafe stellen? Ein entsprechender Gesetzesentwurf sorgt vor der Landtagssitzung am Freitag für Meinungsverschiedenheiten.

Verbotenes Betteln

Am Freitag soll per Antrag der SP das Wiener Landessicherheitsgesetz verschärft werden, in dem auch das Betteln geregelt ist. Bisher in der Bundeshauptstadt verboten: Betteln in aggressiver und aufdringlicher Weise, Betteln als Beteiligter einer organisierten Gruppe und Betteln mit Kindern.

Betteln für den Eigenbedarf

Zukünftig soll auch das "gewerbsmäßige" Betteln untersagt sein. In der Begründung des Antrags wird dabei von der "Absicht der wiederkehrenden Begehung zur Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme" gesprochen. Explizit hervorgehoben wird aber, dass es sich nicht um ein generelles Bettelverbot handle. Menschen, die für den Eigenbedarf betteln, solle dies weiterhin erlaubt sein, so ein SP-Sprecher.

"Gewerbsmäßig Betteln

"Gewerbsmäßig handelt, wer wiederholt am selben Ort in kurzen zeitlichen Abständen bettelt", erklärt die Wiener Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger (SP). Doch könne dies nicht auch auf "Eigenbedarfsbettler" zutreffen und handle es sich somit juristisch gesehen nicht um ein generelles Bettelverbot? "Das ist eine juristische Haarspalterei", befindet Frauenberger, "es geht um die Frage, wie der Vollzug stattfindet, und das muss mit der Polizei besprochen werden." Es sollen nur jene zur Verantwortung gezogen werden, die andere zum Betteln zwingen. "Wir geben der Polizei ein zusätzliches Instrument in die Hand, um die organisierte Bettelei zu verhindern." Das Betteln für den Eigenbedarf solle auf jeden Fall weiterhin erlaubt sein.

"Grobe Unkenntnis"

Anders sieht das VP-Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm: "Wenn die SPÖ sagt, dass Eigenbedarfsbettler nicht betroffen seien, so beruht dies auf grober Unkenntnis. Natürlich handelt es sich um ein generelles Bettelverbot", so der Jurist. Er selbst habe dafür einen Antrag eingebracht, der jedoch nicht behandelt worden sei. "Die SPÖ hat meine Idee aufgegriffen", glaubt Ulm. Die VP ist für ein generelles Bettelverbot.

Kritik an Initiativantrag

Der nicht amtsführende grüne Stadtrat David Ellensohn kritisiert den Initiativantrag, zu dem "FPÖ und auch ÖVP applaudieren". Der Antrag gebe der Polizei die Handhabe, die Bestimmungen so zu vollziehen, dass sie einem generellen Bettelverbot gleichkämen.

Teil der Novelle ist auch eine Bestimmung, wonach die Polizei Personen wegweisen kann, die andere "beim widmungsgemäßen Gebrauch von öffentlichen Einrichtungen unzumutbar beeinträchtigen". Damit soll laut SP vor allem gegen militante Abtreibungsgegner vorgegangen werden, erstmals drohen auch Geldstrafen. Laut Begründung richten sich die Bestimmungen gegen "Personen in Gruppen, die eine erhebliche Verunsicherung auslösen". Ellensohn hält dies für eine unglückliche und schlampige Formulierung: Damit könne die Polizei theoretisch auch gegen eine Touristengruppe vorgehen. (Sophie Neuner, DER STANDARD Printausgabe 25.3.2010)