Surfen im Ausland kann enorme Kosten verursachen

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Was neulich passierte: zweieinhalb Tage bei einer Konferenz in München, also 130 Kilometer von der längst verschwundenen österreichischen Grenze entfernt. Zweieinhalb Tage normale Arbeit mit dem Notebook, Mail, einige Fotos verschicken, Recherchen über Interviewpartner machen, den Stadtplan konsultieren, Redaktionssystem benutzen, Nachrichten lesen. Die Nachwirkungen? 1300 Euro Roaminggebühr für Daten. Bill Shock, wie dies Mobilfunker treffend getauft haben.

Müßig zu erwähnen, welcher Provider dies war, es halten alle die Hand wie Wegelagerer auf. Die einzige Ausnahme mit vernünftigem Verrechnungsmodell - Hutchison verrechnet in seinem eigenen Netz immer den "Heimtarif" - hätte in München nichts genützt: nicht am Markt.

Die fortdauernde Wucherei der Mobilfunkbetreiber

Jetzt etwas Mathematik, zum besseren Verständnis der fortdauernden Wucherei der Mobilfunkbetreiber. Das konsumierte Datenvolumen lag bei rund 500 Megabyte. Ich weiß, so viel sollte man im Ausland nicht verbrauchen. Aber Datenverbrauch ist, anders als Sprachtelefonie, für den Nutzer intransparent. Man kann zwar das Volumen mit spezieller Software mitverfolgen (tolle Idee, wenn man unter Deadline arbeitet). Aber anders als Zeit sind Daten nicht zu spüren. Ich weiß nur: kein Youtube, kein Skype, kein Video-Download oder ähnliches - dazu kommt man bei intensiver Arbeit gar nicht.

Diese 500 Megabyte werden von Mobilfunkern in Österreich um weniger als einen Euro verkauft (z. B. bei 15 Gigabyte um 20 Euro im Monat). Nimmt man die teuersten Angebote, Prepaid-Karten, ist ein halbes Gigabyte um zwei Euro zu haben. Das Ergebnis? Datenroaming kostet, je nach Vergleichsbasis, ein Vielhundert- oder gar Vieltausendfaches als das heimische Netz.

Aufwand

An der Stelle reden Mobilfunker erstens über ihren höheren Aufwand (Abrechnung zwischen den Betreibern, höhere Datenpreise fast überall in Europa). Aber wäre das nicht der Sinn grenzüberschreitender Telekom-Konzerne, dass dadurch Kostenstrukturen günstiger wären? Und zweitens wird uns dann, nicht ohne Wehleidigkeit, der arge Preiskampf vorgerechnet (von den Mobilfunkern angezettelt), dass in spätestens fünf Jahren der Aufwand den Ertrag übersteigt und man ja irgendwo noch verdienen muss. Aber da haben hochbezahlte Manager ihre Aufgaben nicht richtig gelöst, wenn ihr Ertrag von der Zufälligkeit des Bill Shock abhängt und nicht von ihrem soliden Basisgeschäft.

Keine Bewegung

Persönlich bleibt nur die Konsequenz, mobiles Arbeiten im Ausland drastisch einzuschränken, Wi-Fi-Hotspots zu verwenden, so vorhanden (auch relativ teuer, aber durchschaubar), oder Prepaid-Karten und entsperrte 3G-Modems zu kaufen. Strukturell braucht es eine andere Konsequenz, gegen die ich früher eingetreten bin: eine EU-weite Preisregulierung, die eine nachvollziehbare Relation zwischen Heim- und Roamingtarif herstellt - z. B. das Drei- bis Fünffache der Preise des jeweiligen Landes. Warum ich inzwischen dafür bin? Weil diese Kolumne seit Jahren ähnlich geschrieben wird, ohne dass sich die Betreiber substanziell bewegt hätten. (helmut.spudich@derStandard.at, Kolumne PERSONAL TOOLS, DER STANDARD Printausgabe 25. März 2010)