Wie ein gut geöltes Uhrwerk veröffentlicht das GNOME-Projekt exakt alle sechs Monate eine neue Version der eigenen Softwaresammlung. Statt großen Brüchen übt man sich hier seit Jahren in kontinuierlicher Weiterentwicklung des Bestehenden - Basistechnologien werden Schritt für Schritt erweitert und durchaus auch mal komplett ausgetauscht. Eine Stabilität, die wohl nicht zuletzt zum Erfolg des Linux-Desktops beigetragen hat, die Kehrseite davon ist allerdings, dass sich dadurch mittlerweile einiges an Ballast angesammelt hat - veraltete Technologien, die man schon bald mit GNOME 3.0 endgültig los werden will.

Noch ein letztes Mal...

Zuvor wurde nun aber mit GNOME 2.30 noch eine letzte Release der 2.x-Serie veröffentlicht, die bei den zentralen Komponenten Kompatibilität mit älteren Versionen verspricht. Sieht man einmal von den Änderungen der User Experience in Form der GNOME Shell ab, findet sich hier dennoch bereits vieles, was im Herbst dann GNOME 3.0 ausmachen soll. Dank des inkrementellen Ansatzes sind in die aktuelle Ausgabe des Desktops zudem wieder zahlreiche Neuerungen und Optimierungen eingeflossen, die auf den folgenden Seiten näher beleuchtet werden sollen.

Nautilus

Relativ konservativ hat man sich in den letzten Jahren bei der Aufnahme von neuen Funktionen in den File Manager Nautilus gegeben, eine Herangehensweise, die man zwar in den letzten Releases leicht gelockert hat - etwa mit der Einführung von Tab-Support - in Vorbereitung auf GNOME 3.0 soll die Rolle der Software aber nun grundlegender hinterfragt werden. Einige der daraus resultierenden Erkenntnisse hat man bereits jetzt für GNOME 2.30 umgesetzt, so soll sich der Nautilus künftig vor allem auf seine Kernkompetenzen - die Administration von Dateien - konzentrieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zu den aktuellen Neuerungen gehört die Einführung einer "Split-View", zwei Verzeichnisse werden dabei nebeneinander im selben Nautilus-Fenster dargestellt. Das gerade inaktive Teilfenster wird mit einer leicht abgedunkelten Hintergrundfarbe signalisiert, was vor allem bei der Tastatursteuerung ein recht hilfreicher Hinweis ist. Der Mittelbalken lässt sich außerdem verschieben, um die Größe der einzelnen Ansichten nach Belieben in der Größe anzupassen.

Browser

Mit GNOME 2.30 hat man sich aber auch zu einer entscheidenden Änderung in der Default-Einstellung des Nautilus entschieden: So kommt hier nun von Haus aus der "Browser"-Modus des File Managers zum Einsatz. Eine Modifikation, die allerdings die wenigsten NutzerInnen bemerken werden, haben doch Ubuntu, openSUSE und Co. schon bislang diese Darstellung bevorzugt. Lediglich bei Fedora hat man bislang auf den "Spatial"-Modus - bei dem für jedes Unterverzeichnis ein eigenes Fenster geöffnet wird - gesetzt.

Vermischtes

Eine kleine Verbesserung gibt es für die Tab-Ansicht, zwischen den einzelnen geöffneten Tabs lässt sich nun per Tastatur mit Alt + [Nummer des Tabs] wechseln. Sinnvoller gestaltet sich jetzt der Umgang mit dem Aushängen von Datenträgern, deren Inhalt gerade dargestellt wird. In so einem Fall kehrt der Nautilus nun auf die Computer-Ansicht zurück anstatt einfach in das darüber liegende Verzeichnis zu wechseln.

Optik

Wer genau hinschaut wird darüber hinaus einige kleinere grafische Anpassungen am Toolbar des Nautilus bemerken. Diese sind ein erster Teil der für GNOME 3.0 vorgesehenen Aufräumarbeiten, mit der man das Default-Interface abspecken will, so dass es künftig weniger Platz einnehmen soll, und so die eigentlichen Inhalte stärker in den Vordergrund treten können. Die Liebe zum grafischen Details offenbart man mit einem neuen Design für den Thumbnail-Rahmen rund um die Vorschau von Bildern, Videos und Co.

Screenshot: Andreas Proschofsky

In den vorangegangen Screenshots wird es eventuell schon aufgefallen sein: GNOME 2.30 bringt eine Runderneuerung des GNOME-Icon-Themes. Das Theme ist dabei eigentlich für GNOME 3.0 entwickelt worden, da man mit dem Design aber gut vorangekommen ist, können sich die NutzerInnen schon jetzt an der neuen Optik erfreuen.

Hochauflösend

Vom Ansatz her ist das Ganze eine Weiterentwicklung des bisherigen Looks, zentrales Highlight ist dabei wohl die Aufnahme von hochauflösenden Icons mit 256x256 Pixel, die sich vor allem bei Anwendungen wie GNOME Do, Docky oder auch der kommenden GNOME Shell äußert gut machen. Entworfen werden die Icons übrigens als Vektorgrafik im SVG-Format, wobei allerdings immer mehrere Versionen gezeichnet werden, da die Detailvielfalt eines Hires-Icons schlicht nicht für kleinere Auflösungen - etwa für die Nutzung im Toolbar - geeignet ist.

Reduktion

Darüber hinaus hat man aber auch einige Icons vollständig neu gestaltet, so gibt es etwa betont reduziert gehaltene Navigationsgrafiken (siehe den Toolbar im vorherigen Bild). Für die kommende Release will man diesen Trend zur Vereinfachung weiter verfolgen und ein eigenes Zusatz-Icon-Set mit monochromen Icons anbieten, die dann etwa für Status-Nachrichten verwendet werden sollen. Ein Ansatz, den ja etwa Ubuntu schon jetzt zu Teilen vorwegnimmt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Wie schon in der vorangegangenen Release bringt auch GNOME 2.30 wieder einige Verbesserungen im Multi-Monitor-Betrieb: So wird hier nun von Haus aus automatisch der "Mirror Screen"-Modus ausgewählt, wenn die angeschlossenen Monitore dies zu lassen. Auch ist es jetzt möglich einen separaten Hintergrund für jeden einzelnen Bildschirm zu wählen, umgekehrt kann sich auch ein Wallpaper nun über mehrere Monitore erstrecken.

Umbau

Das zugehörige Einstellungstool wurde darüber hinaus umgestaltet, Ziel war nicht nur die Übersichtlichkeit zu erhöhen, vor allem soll das Ganze nun auch auf Geräten mit niedrigen Auflösungen Platz haben. Neu ist außerdem die Unterstützung der Spezialtaste zum Drehen der Ansicht, wie sie auf manchen Laptops und Tablets zu finden ist.

Details

Die Overlay-Grafiken, die bei speziellen Events wie dem Ändern der Lautstärke oder der Bildschimhelligkeit angezeigt werden wurden neu gestaltet, so dass sie "schärfer" wirken. Auch unterstützt man nun Farbprofile, ist ein solches definiert, wird es beim Einloggen automatisch angewandt. Dies ist eigentlich ein Vorgriff auf eine Neuerung in der kommenden Version 3.0, soll hier doch das zugehörige Tool - der GNOME Color Manager - seinen Einzug in den Desktop finden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der Tastatur-Einstellungsdialog wurde grundlegend überarbeitet, so ist etwa das Management von mehreren Tastatur-Belegungen nun übersichtlicher aufgebaut. Dazu passend: Sind multiple Tastatur-Layouts definiert, wird nun automatisch ein Tool zum raschen Wechsel zwischen diesen im Benachrichtigungsbereich des Panels eingeblendet. Das bislang dafür verwendete, separate Applet hat man hingegen entfernt.

Schriften

Vereinfachen will man die Installation von Schriften: Schon bisher kann ja per Doppelklick auf die entsprechende Datei ein Font-Preview angezeigt werden, nun ist hier ein neuer Knopf hinzugekommen, der die Schrift in das ~/.fonts-Verzeichnis kopiert und so zur Desktop-weiten Nutzung freigibt.

Und weg...

Für einige Diskussionen hatte eine Änderung an der Default-Einstellung von GNOME 2.28 geführt, immerhin werden seit damals in den Menüs - und bei den meisten Buttons - keine Icons mehr angezeigt. Mit GNOME 2.30 geht man nun noch einen Schritt weiter und hat den "Interface"-Tab im Erscheinungsbild-Dialog, wo diese Änderung rückgängig gemacht werden konnte, vollständig entfernt. Wer sich also mit den weitgehend Icon-losen Menüs so gar nicht anfreunden kann, muss für die entsprechende Anpassung derzeit auf den GConf-Editor zurückgreifen. Für GNOME 3.0 hat man allerdings bereits ein "GNOME Plumbing" genanntes Tool angekündigt, dass diese und andere Einstellungen für Power-NutzerInnen an einem Ort zusammenführen soll.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit einer Fülle von Verbesserungen kann - einmal mehr - der Instant Messenger Empathy aufwarten. So hat man den Account-Einstellungsdialog als eigenes Programm ausgelagert und das zugehörige Interface umgearbeitet. Dabei wird nun auch deutlich darauf hingewiesen, wenn es Probleme mit der Anmeldung an einem Account gibt, ein Umstand, der übrigens auch in der Kontaktliste unübersehbar signalisiert wird. Ist dies der Fall kann dann auch gleich ein neuer Verbindungsversuch vorgenommen oder die Einstellungen angepasst werden.

Suchen

Außerdem gibt es eine neue Suchfunktion, die ähnlich wie beim Firefox am unteren Rand des Chat-Fensters eingeblendet wird. Weiter vereinfacht wurde das Versenden von Dateien, ein entsprechender Transfer kann per Drag & Drop vom Desktop auf den gewünschten Eintrag in der Kontaktliste initiiert werden. Apropos Kontaktliste: An dieser Stelle wir das das Aufrufen eines Audio- oder Videochats nur mehr dann angeboten, wenn das Gegenüber dazu überhaupt in der Lage ist. Zusätzlich kann nun auch mittels eines kleinen Icons angezeigt werden, über welches IM-Protokoll die einzelnen Kontakte verbunden sind.

Chatty

Empathy kann sich in der neuen Version mit Passwort-geschützten Chat-Rooms verbinden, darüber hinaus hat es einige wichtige IRC-Kommandos wie /msg oder /query zu beherrschen gelernt. In letzter Minute - dank Ausnahmegenehmigung noch nach dem eigentlichen Feature-Freeze - hat man zudem die Unterstützung von Facebook-Chats in die Software integriert.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zu einem absoluten Highlight entwickelt sich zunehmend das GNOME Disk Utility. Die zum Management von Datenträgern aller Art gedachte Software erhält mit der neuen Version zentrale Verbesserungen. So kann das Tool nun auch RAID-Arrays erstellen und verwalten, außerdem hat man Support für LVM2 integriert.

Server

Darüber hinaus können nun sogar Platten auf anderen Rechnern verwaltet werden, im lokalen Netzwerk kann das Disk Utility diese automatisch per Avahi aufspüren. Auch mit Loop-Files kann des Festplatten-Tool nun umgehen. Zusätzlich wurde das Interface vollständig umgestaltet, wovon vor allem der Bereich Partitionierung profitiert. 

Evolution

Einer massiven Modernisierung der Codebasis wurde der Mail/Kalender-Client Evolution unterzogen, war dieser doch bislang einer der eifrigsten Nutzer all jener Komponenten, die man mit GNOME 3.0 in Pension schicken will. Mit GNOME 2.30 sind diese Arbeiten - mit kleineren Ausnahmen - nun abgeschlossen, zusätzlich gibt es aber auch die eine oder andere neue Funktion.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Dazu gehört etwa ein - optionales - Plugin mit dem sich die eigenen Kontakte auf einer Karte darstellen lassen, außerdem bieten die Benachrichtigungen über den Eingang neuer Mails nun mehr Informationen. Die Vorschau- und Threading-Einstellungen lassen sich pro Verzeichnis speichern, zudem können einzelne Kalender fortan manuell aktualisiert werden, ein Dreifach-Klick auf einen Kalender deaktiviert alle anderen bis auf den angewählten. Gänzlich neu geschrieben hat man auch gleich den IMAP-Support, IMAPX soll nicht nur Live-Updates der Verzeichnis-Ansicht bieten, sondern auch sonst in allen Bereichen erheblich flotter zu Werke gehen.

Evince

Vermischte Kleinigkeiten gibt es beim Dokumentanzeiger Evince: Die Seiteneinstellungen wurden in den Druckdialog integriert, auch findet sich hier nun die Möglichkeit die Ausgabe zu Skalieren. Einzelne Dokumente werden fortan in separaten Prozessen gestartet, wovon sowohl Stabilität als auch Performance profitieren sollten. Die Tastatursteuerung wurde verbessert, "n" und "p" führen nun zur nächsten bzw. vorangegangen Seite, zudem können die Farben der Dokumentdarstellung invertiert werden.

Anhänglich

Evince kann jetzt auch Anmerkungen bei PDF-Dateianhängen laden und speichern, der Präsentationsmodus wurde überarbeitet und es lassen sich die Lizenzinformationen zu einem Dokument anzeigen. Neu ist die Unterstützung von Comics im .cbt-Format, außerdem kann die Software nun Thumbnails von Dokumenten auf entfernten Rechnern erstellen. Deutlich funktionaler ist die Windows-Version von Evince geworden, die erstmals Drucken sowie die Anzeige von Postscript- und Comic-Dateien beherrscht.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die GNOME-eigene virtuelle Dateisystemebene gvfs hat ein neues AFC-Backend bekommen, das wiederum die libimobiledevice nutzen kann. Was reichlich technisch klingt, hat eine recht einfach verständliche Auswirkung: GNOME kann nun von Haus aus mit iPhone und iPod touch umgehen, diese lassen sich nicht nur am Desktop direkt einbinden, auch der Abgleich von Musik und Bildern wird so ermöglicht. Neu ist außerdem die Unterstützung von Titel-Informationen und Icons bei Blu-Ray-Discs.

Totem

Der Video-Player Totem hat vor allem die Unterstützung von aus dem Netz gestreamten Medien verbessert, so gibt es nun einen On-Disk-Buffer für Quicktime und Flash, wodurch das bisher immer wieder auftretende Ruckeln vermieden werden soll. Auch startet die Software erst dann die Wiedergabe, wenn absehbar ist, dass bereits ausreichend Daten übertragen wurden, um eine störungsfreie Wiedergabe zu ermöglichen.

Schrittweise

In Filmen lässt sich nun nicht nur - wie schon bisher - Bild-für-Bild vorwärts sondern auch rückwärts gehen, im Fullscreen-Modus informieren Overlay-Grafiken über wichtige Vorgänge wie "Pause" oder "Abspielen", außerdem wurde der Wechsel zwischen einzelnen Titeln beschleunigt. Mit der neuen Version können zusätzlich DVD-Images von der Festplatte abgespielt werden, es werden eingebettete Bilder in Audio-Streams angezeigt und es wurde die Suche verbessert, so dass die ersten Ergebnisse schon beim Tippen eingeblendet werden. Neu ist auch die Möglichkeit sich für HTTP und RTSP-Streams zu authentifizieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Desktop-Wiki Tomboy freut sich zunächst mal über massive Verbesserungen bei der Startgeschwindigkeit der Anwendung. Zusätzlich ist es nun möglich "Rich Text" - also mitsamt der Formatierung - aus anderen Anwendungen wie Evolution oder OpenOffice.org einzufügen. Nett auch, dass Tomboy nun warnt, wenn der Titel einer Nachricht geändert werden soll, und dies Auswirkungen auf andere Notizen hätte. In so einem Fall stellt das Programm die Wahl die anderen Einträge ebenfalls zu ändern - oder halt auch nicht. Zusätzlich lassen sich Notizen nun per Empathy mit anderen NutzerInnen teilen, einfach eine einzelne Note aus dem Suchfenster auf den entsprechenden Eintrag in der Kontaktliste des Instant Messengers ziehen.

Automatismen

Kontinuierliche Verbesserungen gibt es im Bereich Synchronisierung, so kann diese nun automatisch im Hintergrund vorgenommen werden. Außerdem hat man die Unterstützung für Ubuntu One - und andere Services, die OAuth 1.0 verwenden - fix aufgenommen. Für GNOME 3.0 soll Tomboy Online  / Snowy dann ein fixer - aber natürlich optionaler - Gegenpart zum Desktop-Client werden, die Daten sollen dabei auf den Servern des GNOME-Projekts abgelagert werden.

Administration

Bei den GNOME System Tools, die eigentlich zur Administration eines Systems gedacht sind, aber bislang nur von wenigen Distributionen übernommen werden, gibt es nach längerer Zeit auch mal wieder größere Neuerungen. So wurde das Tool zur Verwaltung der UserInnen vollständig neu geschrieben, dadurch soll nicht nur die Erstellung von neuen Accounts vereinfacht werden, auch der Support für verschlüsselte Home-Verzeichnisse wurde hinzugefügt. Wer will kann beim Entfernen eines Accounts auch gleich die zugehörigen Daten löschen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

In der Riege der GNOME Games wurde mit "Lightsoff" ein neues Spiel integriert, dafür wurde das bisherige "Blackjack" aus dem Set geworfen. Einige der Spiele wurden auf die 3D-Bibliothek Clutter portiert und dabei gleich grafisch runderneuert, dazu gehören etwa "Swell Foop" (bislang: "Same Game") und Gnibbles. Für Netzwerkspiele setzt man künftig auf die Telepathy-Engine, die auch vom Instant Messenger Empathy genutzt wird.

Entfernt

Der Remote Desktop Client Vinagre beherrscht mit GNOME 2.30 SSH-Tunneling zur Absicherung von Verbindungen. Außerdem kann er eine verlustbehaftete JPEG-Kompression benutzen, um die Datenmenge zu reduzieren - und so die Performance zu verbessern. Beim Skalieren der Ausgabe kann das Seitenverhältnis automatisch beibehalten werden, die Farbtiefe lässt sich nun ebenfalls nach Belieben anpassen. Außerdem gibt es einen "Listener Modus" (analog zu "vncviewer -listen") zum Aufbau von "Reverse Connections".

Schlüsselfragen

Der GNOME Keyring wurde auf Basis des "Secret Storage"-APIs reimplementiert, dies ist vor allem deswegen erwähnenswert, da es sich dabei um einen Desktop-übergreifenden Standard handelt, hier also ein wirklich zentraler Ort für alle abgespeicherten Schlüssel und Passwörter etabliert wird - unabhängig für welche Umgebung ein Programm geschrieben wurde. Zusätzlich kann der Schlüsselring nun für eine frei gewählte Zeit geöffnet bleiben, das Verschlüsselungstool Seahorse bietet wiederum endlich GPG 2.0-Unterstützung.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das ursprünglich als Applet entwickelte Time-Tracking-Tool "Hamster" kann mit GNOME 2.30 auch ganz ohne Panel - also als eigenständige Anwendung - genutzt werden. Darüber hinaus ist hier ein einfacher Tag-Support - samt Autovervollständigung - hinzugekommen, das Erstellen von Reports wurde vereinfacht, die Auswertung grafisch überarbeitet. Auch ist es nun möglich den Wechsel zwischen einzelnen Workspaces in das Tracking einzubeziehen, so dass etwa unterschiedliche Tätigkeiten mit verschiedenen Desktops verbunden werden.

GDM

Beim Login-Manager gibt es eine Reihe von Detailverbesserungen, so kann nun etwa über Include- und Exclude-Listen festgelegt werden, welche NutzerInnen aufgelistet werden sollen. Zusätzlich wurde das Interface aufgeräumt und die Anzeige im Suchfenster unkenntlich gemacht, um die unabsichtliche Offenbarung von Passwörtern zu verhindern. Der Text-Editor Gedit bietet mithilfe von Devhelp Autovervollständigung für Code-Teile, außerdem kann hier nun die Zeilenendkodierung gezielt ausgewählt werden, die Rechtschreibprüfung kann nun auch gezielt Code-Kommentare auf Fehler durchsuchen.

Vermischtes

Das Archiv-Tool File Roller ermöglicht es mithilfe von Packagekit automatisch, benötigte Packformate nachzuinstallieren, der GNOME Terminal wiederum bietet nun optional unlimitierten Scrollback-Speicher, der Inhalt eines Terminals lässt sich zusätzlich in eine Textdatei abspeichern. Beim GNOME Panel werfen Auflösungsänderungen nicht länger die Reihung der Applets durcheinander, GNOME Bluetooth kann nun im Wizard Geräte gezielt das Pairing wiederholen, auch hat die Software ein alternatives, auf Intels Netbook-Linux Moblin ausgerichtetes, Interface erhalten. Der Taschenrechner gcalctool hat auch so ein gänzlich neues Äußeres erhalten, in Bezug auf die Funktionalität der Anwendung sind hier Umrechnungen von Währungen und Maßeinheiten sowie der Support für Subscript- und Superscript-Nummern hinzugekommen.

Brennende Fragen

Das CD/DVD-Erstellungstool Brasero unterstützt jetzt das Brennen von DTS-Wav-Dateien, integriert die Desktopsuche Tracker und erlaubt den flotten Wechsel zwischen verschiedenen Projekttypen. Auch hier können nun fehlende Pakete per Packagekit angefordert werden, zusätzlich wurde der Start des Nautilus-Plugins beschleunigt, was sich positiv auf die Login-Zeit auswirkt. Das Webcam-Tool Cheese merkt sich fortan die Farbeinstellungen, der Bilderanzeiger Eye of GNOME kann mit animierten GIFs umgehen und Bilder direkt per Mail verschicken, Lautstärkenänderungen beim entsprechenden Applet beenden nun automatisch den Lautlos-Modus.

Grafik: GNOME

Der Browser Epiphany hat einiges der bei der Umstellung auf die Webkit-Rendering-Engine verloren gegangenen Funktionalität wieder zurück erlangt, etwa die Unterstützung von Favicons, das Einfügen per Mittelklick oder die Druckvorschau. Ganz neu ist die Möglichkeit Login-Informationen im GNOME Keyring abzuspeichern, selbiges gilt auch für die Manipulation des User Agent Strings (mittels GConf Editor) und den Austausch der Default-Suchmaschine. Bei den extra erhältlichen Erweiterungen für Epiphany ist eine hinzugekommen, die auf Youtube HTML5-Videos statt Flash-Clips darstellt.

Komponenten

Bei der Aufnahme neuer Komponenten gibt man sich mit GNOME 2.30 relativ zurückhaltend, lediglich das ohnehin bei den meisten Distributionen schon von Haus aus installierte nautilus-send-to - zum Einfachen Verschicken von Dateien per Instant Messaging, Bluetooth und Co - sowie das Paket-Management-Tool gnome-packagekit wurden in das Desktop-Set integriert. Immerhin als externe Abhängigkeit hat man die Desktops-Suche Tracker zugelassen, womit diese auf dem besten Weg ist, nach Jahren der vergeblichen Bemühungen nun doch noch in den GNOME aufgenommen zu werden.

GTK+

Die Basis des GNOME-Desktops bilden wie gewohnt die Glib und das Toolkit GTK+, die zeitgerecht ebenfalls in neueren Versionen veröffentlicht wurden. So hat GTK+ 2.22 neben einer Reihe neuer Widgets - etwa für Fortschrittsanimationen - auch diverse Performanceverbesserungen und die sogenannten "Auto-Mnemonics" erhalten. Sind letztere im verwendeten Theme aktiviert, werden die Shortcut-Hinweise in der Menüzeile nur mehr beim Halten der Alt-Taste angezeigt, was das Default-Interface aufgeräumter wirken lässt.

Glib

Einen wichtigen Punkt in der Entwicklung von Glib 2.24 haben diverse GObject-bezogene Performance-Verbesserungen eingenommen. Mit GVariant gibt es zudem einen neuen Datentyp, der unter anderem als Basis für das im nächsten Zyklus vorgesehene GSettings-API zur Speicherung von Einstellungen genutzt werden soll. Dieses wiederum bildet die Grundlage des neuen Konfigurationssystems des GNOME-Desktops, DConf.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die anfänglich bereits erwähnten Aufräumarbeiten haben im aktuellen Zyklus natürlich auch wieder einigen Raum eingenommen. Der aktuelle Status zeigt dabei, dass die veralteten Bibliotheken mittlerweile aus der Codebasis des allergrößten Teils der Desktop-Komponenten entfernt wurde, insofern ist man hier für GNOME 3.0 bereits recht gut aufgestellt.

Umstellung

Die größte Herausforderung in dieser Hinsicht bleibt wohl die Migration des Konfigurationssystems von GConf zu DConf, immerhin wurde mit dieser noch gar nicht begonnen, da ja das nötige GSettings noch nicht in der aktuellen Glib enthalten ist. Mit einem Hackfest Mitte April will man hier den Startschuss geben - und gleich einige komplexe Anwendungen wie Evolution oder Nautilus portieren. Unklar ist derzeit aber auch noch, wie die Migration der Einstellungen zwischen den beiden Systemen funktionieren soll, auch hier soll am Hackfest ein Plan entwickelt werden.

Viel Aufräumen

Eine weitere Herausforderung stellen die bei GNOME zahlreich vorhandenen Technologien im Bereich Barrierefreiheit dar, hier hat man aber vor kurzem - ebenfalls auf einem Hackfest - die weitere Richtung vorgegeben. Vollständig verabschiedet hat man sich hingegen bereits in GNOME 2.30 vom Hardware-Abstraktions-Layer HAL, der durch die schlankeren udisks und upower ersetzt wurde.

Panel

Und auch wenn die Aufgaben des GNOME Panels in der Version 3.0 des Desktops von der GNOME Shell übernommen werden sollen, soll dieses doch als Alternative - vor allem für jene Installationen, wo die Shell aus unterschiedlichsten Gründen nicht lauffähig ist - vorerst weiter bestehen. Insofern wartet bereits ein von alten Abhängigkeiten befreites Applet-System auf die Aufnahme in den Hauptentwicklungszweig des Panels. Eine Umstellung, die allerdings auch zur Folge hat, dass alle bestehenden Applets angepasst werden müssen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zum aktuellen Stand der Entwicklung von GNOME 3.0 gab es erst unlängst ein ausführlicheres Feature, insofern hier nur kurz: Die GNOME Shell wird parallel zur Freigabe von GNOME 2.30 in einer neuen Beta-Version veröffentlicht, die eine Vielzahl an Verbesserungen seit dem vergangenen Herbst mit sich bringt.

Viel getan

Diese reichen von der Integration eines Message Trays - für unterschiedlichste Desktop-Benachrichtigungen - zu einer neuen, linearen Vorschau auf die gerade geöffneten Workspaces bis zu einem Erweiterungssystem und der Verbesserung der Suche. Auch die grafische Repräsentation wurde zwischenzeitlich erheblich aufpoliert, so setzt man etwa nun für die Darstellung der verkleinerten Fenster Mipmapping ein. Um solche Aufgaben kümmert sich übrigens der Fenster-Manager Mutter, der eine Weiterentwicklung der bisherigen GNOME-Lösung Metacity auf Basis der 3D-Bibliothek Clutter ist.

Software

GNOME 2.30 steht ab sofort in Form des Source-Codes von der Seite des Projekts zum Download, die Erstellung von fertigen Paketen überlässt man wie gewohnt den diversen Distributionen. Diese übernehmen die Neuerungen meist ohnehin recht flott, so dass GNOME 2.30 bereits weitgehend in die Entwicklungsversionen der großen Distributionen eingeflossen ist, oder dieser Schritt in den nächsten Tagen folgen wird. Mit der Freigabe von GNOME 2.30 wird auch der Startschuss für den neuen Entwicklungszyklus gegeben, GNOME 3.0 soll laut den aktuellen Plänen dann am 29. September veröffentlicht werden. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 26.03.10)

Screenshot: Andreas Proschofsky