FPÖ-Chef Strache bleibt auch bei der Debatte im Nationalrat bei seiner Darstellung, wonach ORF-Redakteur Moschitz die beiden Skinheads aufgefordert habe, neonazistische Parolen zu rufen.

Strache zeigte sich "entsetzt" darüber, "dass der ORF vor ausgewählten Journalisten ein Band vorgespielt hat, das auch auf Standard.at veröffentlicht wurde, wo man im Nachhinein dokumentieren kann, wie plump man manipuliert hat. Weil bei dem einen Band bei derStandard.at veröffentlicht, hört man andere Wortspenden als dann später beim angeblichen Originalband des ORF, das er auf auf Kundendienst.orf.at veröffentlicht hat." Strache hörte dort "gewisse Sequenzen" nicht mehr.

Zum Nachhören: Strache am Mittwoch im Parlament, der erwähnte Audiomitschnitt auf derStandard.at und das Original-Drehmaterial auf kundendienst.orf.at.

Foto: STANDARD/Cremer

Die FPÖ machte den Konflikt um eine ORF-Reportage mit zwei Skinheads zum Thema im Parlament. Parteichef Heinz-Christian Strache brachte am Mittwoch im Nationalrat einen Dringlichen Antrag an Bundeskanzler Werner Faymann unter dem Motto "ORF-Manipulationsskandal" ein. Darin verlangen die Freiheitlichen eine Aufklärung der Causa und eine Untersuchung, ob es ähnliche Fälle gegeben habe. Faymann wird außerdem aufgefordert, "dafür Sorge zu tragen, dass die ORF-Gebühren in einer gesetzeskonformen Weise verwendet werden".

Ostermayer stellt sich vor ORF

Der für Medien zuständige Staatssekretär Josef Ostermayer hat sich in der Debatte über den Dringlichen Antrag der FPÖ in Sachen ORF vor den öffentlichrechtlichen Sender gestellt und ein Plädoyer für die Unabhängigkeit der Medien gehalten. "Die unabhängigen Medien und ihre Mitarbeiter sind ein wertvoller Bestandteil der Demokratie." Es sei "verwerflich", wenn man das beschädigen wolle, sagte Ostermayer im Nationalrat am Mittwoch. Der Staatssekretär, dessen Rede von lauten Zwischenrufen aus den FPÖ-Reihen begleitet war, vertrat Bundeskanzler Werner Faymann, an den der Dringliche adressiert war.

Ostermayer betonte zudem, dass der Antrag der FPÖ - Faymann möge "dafür Sorge tragen, dass die ORF-Gebühren in einer gesetzeskonformen Weise verwendet werden" - eine Aufforderung zum Gesetzesbruch sei. Der ORF sei verfassungsrechtlich unabhängig. Beschwerden seien daher an den Bundeskommunikationssenat (BKS) zu richten und nicht an den Kanzler, sagte der Staatssekretär.

Die kritisierten Zahlungen an die zwei Skinheads, die im Zuge einer Reportage eine FPÖ-Veranstaltung besucht haben, widersprechen außerdem nicht dem journalistischen Objektivitätsgebot, wies Ostermayer auf einen entsprechenden Entscheid des Bundeskommunikationssenats (BKS) hin. Demnach sind finanzielle Leistungen an Personen, die an Dreharbeiten beteiligt sind, bei einem sachlich gerechtfertigtem Aufwand (ob Sach- oder Zeitaufwand) korrekt.

Vorwurf der Vertuschung zurückgewiesen

Ostermayer wies auf den Verwurf der Vertuschung zurück. Der ORF habe das umstrittene Material online gestellt, werde die Sendung ausstrahlen und im Anschluss eine Diskussionsveranstaltung zeigen. Das alles sei Transparenz und Objektivität. Wer dennoch Zweifel habe, solle den rechtlich korrekten Weg beschreiten und nicht den unabhängigen ORF und seine Journalisten "verunglimpfen", so Ostermayer.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache untermauerte zur Beginn der Debatte seine Anschuldigungen mit Zitaten aus Einvernahmeprotokollen. Demnach haben die zwei Neonazis nicht nur 100 Euro pro Tag als Aufwandsentschädigung bzw. als Abgeltung der Persönlichkeitsrechte, sondern auch Geld für Getränke und rechtsradikale Utensilien bekommen. Strache sprach von insgesamt bis zu 700 Euro. Den von Strache vorgetragenen Zitaten zufolge wurden die zwei Burschen vom "Am Schauplatz"-Redakteurs Eduard Moschitz dazu aufgefordert, gegenüber Strache "möglichst aggressiv" aufzutreten. Der FPÖ-Chef bleibt auch bei seiner Darstellung, wonach Moschitz die beiden aufgefordert habe, neonazistische Parolen zu rufen. Der ORF hat diese Vorwürfe schon mehrfach zurückgewiesen, auch auf dem veröffentlichten ORF-Rohmaterial sind keine Nazi-Rufe zu hören. 

Scharfe Kritik von ÖVP und BZÖ

Neben der FPÖ hat auch die ÖVP scharfe Kritik am zuständigen ORF-Redakteur im Zusammenhang mit der "Am Schauplatz"-Dokumentation über zwei Skinheads geübt. Klubobmann Karlheinz Kopf erinnert daran, dass bei einer Reportage "Realitäten darzustellen und nicht Realitäten herzustellen" seien. Würden sich die Vorwürfe gegen den Redakteur bestätigen, wäre das ein grober Verstoß gegen ORF-Gesetz und interne Programmregelungen, aber auch ein Anschlag auf die Demokratie und ein handfester Medienskandal.

Kopf befand, dass die Vorwürfe nun im ORF intern dringend aufgeklärt werden müssten, aber auch von der Staatsanwaltschaft. Ausdrücklich betonte der VP-Klubchef, dass es hierbei aber nicht darum gehe, die Politik von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sowie mancher "Veranstaltungsformate" des freiheitlichen Obmanns zu verteidigen.

BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner unterstrich, dass eine "Milieustudie" nicht dazu verwendet werden könne, um spielfilmartig eine Berichterstattung gegen eine gewisse Partei zu unternehmen. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, müsse es sofortige Konsequenzen für den betroffenen Redakteur geben. Kritisiert wurde von Petzner auch der "katastrophale Umgang des ORF" mit der Causa. Zumindest hätte der beschuldigte Redakteur bis zur Aufklärung der Vorwürfe dienstfrei gestellt werden müssen. Insgesamt warf der BZÖ-Mandatar dem ORF eine "systematische Bevorzugung" von SPÖ, ÖVP und Grünen gegenüber den Rechtsparteien vor.

"Erdrückende Faktenlage"

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sprach von einer "erdrückenden Faktenlage" und kritisierte SPÖ und Grüne scharf, weil diese sich nicht der Position der Freiheitlichen anschlössen. Vilimsky äußerte ein weiteres Mal seine Einschätzung, dass am Band "massiv manipuliert" worden sei: "Die Sache stinkt." Es handle sich vermutlich um den größten Medienskandal, den die Zweite Republik erlebt habe.

Ziemlich aus der Sache heraus hielt sich die SPÖ. Klubchef Josef Cap verwies auf die laufenden Verfahren der Justiz. Wenn die FPÖ Gesetzestreue einfordere, gelte das auch für das laufende Verfahren. Sollten bei den hart und präzise zu führenden Untersuchungen Manipulationen nachgewiesen werden, müsste das natürlich Konsequenzen haben.

Dies betonte auch der Grün-Abgeordnete Dieter Brosz. In erster Linie verteidigte er aber das Vorgehen des Journalisten. Es sei im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrages zulässig, solche politischen Berichte zu machen. Zudem gebe es Gremien wie den Bundeskommunikationssenat, wo die Vorwürfe geklärt werden könnten. Nicht vergessen solle man aber, dass bei FPÖ-Veranstaltungen immer wieder Rechtsextreme anzutreffen seien. Dass die FPÖ nun diese Causa hochziehe, sieht Brosz im Zusammenhang damit, dass man davon ablenken wolle, dass die freiheitliche Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz nicht in der Lage gewesen sei, eine klare Antwort auf die Vorwürfe über ihre historischen Betrachtungen zu geben.

Der Dringliche Antrag der FPÖ wurde nur von Freiheitlichen und BZÖ unterstützt und damit abgelehnt. (APA)