Linz - Ungeahnte Aktualität bekam der erste Standard-Jour-fixe im Linzer Kunstmuseum Lentos. Eigentlich wollte Mumok-Direktor Edelbert Köb Montagabend mit Hausherrin Stella Rollig und Sabine Folie, künstlerische Leiterin des Generali Foundation, über die "Kunst des Sammelns" reden. Doch wenige Stunden vor der Diskussion unter Leitung von Standard-Kulturchefin Andrea Schurian teilte Ministerin Claudia Schmied den Namen von Köbs Nachfolgerin mit.

Noch-Mumok-Direktor Köb zeigte sich über den Weg der Bekanntgabe via Presseaussendung genauso überrascht wie über die Wahl an sich: Karola Kraus, derzeit Chefin der Kunsthalle Baden-Baden, besitze keinerlei "Museumserfahrung" . "Ein Urteil über ihre Arbeit bilde ich mir in zwei bis zweieinhalb Jahren."

Lentos-Direktorin Rollig sah die fehlende Museumserfahrung ihrer künftigen Kollegin nicht als Manko. "Auch wir beide hatten vor unseren jetzigen Posten kein Museum geführt" , meinte sie Richtung Mumok-Direktor.

Nach Köbs Analyse über den Zustand der Bundesmuseen in Bezug auf deren Sammlungstätigkeit erwartet die Deutsche in Wien keine leichte Aufgabe. Österreichische Museen könnten wegen ihrer geringen Budgets auf dem internationalen Sammlermarkt nicht mitmischen. Dafür machen sich die Bundesmuseen untereinander Konkurrenz, denn "alle wollen alles machen" , kritisierte er. Dies bringe mit sich, dass die Depots "in Kulturgütern ersticken" - so werden 30 Prozent der Sammlungsbestände des Mumok "nicht das Licht der Öffentlichkeit erblicken" .

Neuerlich forderte er eine Spezialisierung der Bundesmuseen, so wie dies die Generali Foundation macht. "Wir setzen beim Sammeln einen bestimmten Fokus - die Konzeptkunst der 1960er- und 1970er-Jahre. Unsere Leihgaben sind stark gefragt" , erklärte Folie.

Im Gegensatz zu Wien sieht sich Rollig in Linz nicht mit Parallelstrukturen konfrontiert. "In Linz gibt es nur das Landesmuseum mit der Landesgalerie und das Lentos als Museum für zeitgenössische Kunst." Vielmehr werde sie als Leiterin einer nicht ausgegliederten Institution "von den Politikern genau beobachtet" . Auch wenn sie bei der Wahl ihrer Ankäufe freie Hand habe, so werde doch bei jedem Exponat der Preis angeschaut. Von dem 200.000-Euro-Jahres-Budget des Lentos gehen rund 90.000 Euro in Ankäufe.

Die Generali Foundation kauft jährlich Exponate um bis zu 350.000 Euro ein. 700.000 Euro von dem Zwei-Millionen-Jahresbudget des Mumok sind für Ankäufe reserviert. Summen, die es einem nur erlauben würden, Werke österreichischer Künstler zu sammeln, da diese laut Rollig "bis um ein Zehnfaches billiger" seien als internationale Kunst. "Gemessen an der Kleinheit unseres Landes sehe ich das nicht so negativ" , relativierte Folie. (Kerstin Scheller, DER STANDARD/Printausgabe 24.3.2010)