Bild nicht mehr verfügbar.

"This is what change looks like"

Foto: Reuters

Bild nicht mehr verfügbar.

Barack Obama darf, so wir hier auf einem Archivbild, endlich wieder jubeln.

Archivbild: EPA

Bild nicht mehr verfügbar.

Gegner der Gesundheitsreform protestierten in Washington. Geholfen hat es nicht.

Foto: APA/EPA/Reynolds

Bild nicht mehr verfügbar.

Bert Stupak (m.), konservativer Demokrat aus Michigan, brachte durch seine "Yea"-Entscheidung den Stein der Gesundheitsreform ins Rollen.

Foto: EPA

Washington - Minutenlang "Yes we can!": Die Demokraten im US-Repräsentantenhaus ließen Erinnerungen an Barack Obamas Wahlkampf hochleben. Grund genug dazu hatten sie, vollbrachte der Präsident doch heute Nacht seine bisher größte innenpolitische Leistung. Nach einjähriger hitziger Debatte hat der US-Kongress die Gesundheitsreform verabschiedet, die erstmals fast allen Amerikanern eine finanzielle Absicherung im Krankheitsfall ermöglicht. Das Gesetz wurde am Sonntagabend im US-Repräsentantenhaus mit 219 zu 212 Stimmen gebilligt. Der Senat, die zweite Kammer des US-Kongresses, hatte bereits im Dezember zugestimmt.

"Volk, das Großes leisten kann"

Bald nach der Entscheidung trat Präsident Barack Obama vor die Kameras und sagte: "Wir haben bewiesen, dass wir immer noch ein Volk sind, das Großes leisten kann." Mit der "radikalen Reform" habe die Regierung bewiesen, dass sie für die Menschen da sei. "This is what change looks like", meinte Obama unübersetzbar.

Bis zuletzt warb Obama um noch wankelmütige Abgeordnete in den eigenen Reihen. Mit drei Stimmen über der erforderlichen absoluten Mehrheit fiel die Abstimmung denkbar knapp aus. In den Reihen der demokratischen Regierungspartei schlossen sich 34 Abgeordnete den oppositionellen Republikanern an und stimmten gegen das Gesetz. Ein in letzter Minute erzielter Kompromiss in der Frage der Finanzierung von Abtreibungen verhinderte, dass sich noch mehr Demokraten des konservativen Flügels dem Weißen Haus widersetzten.

US-Präsident Barack Obama hat mit der Gesundheitsreform das wichtigste innenpolitische Ziel seiner Amtszeit erreicht. Das Gesetz kann nun zur Unterzeichnung ans Weiße Haus gehen. Es wird erwartet, dass der Präsident die Reform bereits am (morgigen) Dienstag in Kraft setzt.

Unabhängig davon findet noch ein Gesetzgebungsverfahren mit Änderungen an der gerade verabschiedeten Reform statt. Das Repräsentantenhaus verabschiedete die entsprechende Vorlage mit 220 zu 211 Stimmen. Dieses Gesetz geht nun noch an den Senat.

Emotionale Debatte

Zum Abschluss einer teilweise emotional geführten Debatte hatte Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi die Abgeordneten der demokratischen Mehrheitspartei aufgerufen, "Geschichte für unser Land zu schreiben". Die Republikaner bekräftigten bis zuletzt ihre Ablehnung des Reformwerks. Sie kritisierten vor allem die hohen Kosten von mehr als 900 Milliarden Dollar und das Vordringen staatlicher Regulierung in einen bisher privat geregelten Bereich. Außerdem warnten sie davor, dass die Gesundheitsreform zu Kürzungen bei der bisherigen Krankenversicherung für Senioren, Medicare, führen werde. "Wir haben versagt, auf Amerika zu hören", sagte der republikanische Minderheitsführer John Boehner.

32 Millionen Menschen werden abgesichert

Mit dem neuen Gesetz sollen 32 Millionen bisher unversicherte Amerikaner eine Absicherung im Krankheitsfall bekommen. Die bisherige Gesundheitsversicherung für Bedürftige, Medicaid, wird erheblich ausgeweitet. Staatliche Unterstützung erhalten auch Familien mit einem Jahreseinkommen bis 88.000 Dollar (65.000 Euro). Eltern können ihre Kinder bis zu einem Alter von 26 Jahren in ihrer Familienversicherung einbeziehen. Finanziert werden die Ausgaben zum Teil mit einer höheren Abgabenlast für Haushalte mit einem Einkommen von mehr als 200.000 Dollar (147.600 Euro) bei Ledigen oder 250.000 Dollar (184.500 Euro) bei Verheirateten.

Für die Versicherungswirtschaft bedeutet das Gesetz, dass sie einer strengeren Aufsicht der Behörden unterstellt werden. Die Unternehmen der Branche dürfen Versicherungsnehmer nicht mehr wegen ihrer Krankengeschichte ablehnen oder bestehende Verträge kündigen, wenn eine mit hohen Kosten verbundene Krankheit eintritt. Die Konzerne dürfen auch keine Aufschläge mehr wegen des Geschlechts oder des Gesundheitszustandes von Versicherten verlangen. Vertreter der Versicherungswirtschaft und von Pharma-Unternehmen hatten im Vorfeld massiv gegen das Gesetz lobbyiert.

Keine staatliche Krankenversicherung

Ab 2014 sollen Bundesstaaten sogenannte Gesundheitsbörsen einrichten, an der Amerikaner Polizzen vergleichen und kaufen können. Geringverdiener erhalten als Unterstützung Steuererleichterungen. Eine staatliche Krankenversicherung, wie sie sich vor allem das linke Spektrum der Demokraten gewünscht hatte, wird es jedoch nicht geben. (red/APA/apn)