Zug fährt ab. So lautet das Motto. Aber nicht etwa, weil Daimler die 2001 an Bombardier verscherbelte Bahn-Tochter Adtranz zurückgekauft hätte. Sondern weil das E-Klasse-Cabrio mit einer Besonderheit aufwartet, die den Luftzug bei offener Fahrt gar nicht erst ins Auto reinlässt, mit ihm also abfährt. Das gab's bisher zwar auch schon, dank Windschott (Erfinder: Mercedes), degradierte viersitzige Cabrios aber stets zu Zweisitzern. Den Benz-Tüftlern ist es nun zu danken, dass ein Viersitzer ab sofort Viersitzer bleibt.

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Sonne ja bitte, Wind nein danke: Erreicht wird dieser Ansatz begrüßenswerter Flaute durch eine Innovation namens Luftkapperl vulgo Aircap. Dabei werken gedeihlich zusammen ein um etwa sechs Zentimeter ausfahrbarer Windabweiser mit Netz, platziert im Frontscheibenrahmen, und ein Windschott zwischen den Rücksitzen. Das reckt sich noch einmal ein paar Zentimeter weiter raus, sobald ein Hinterbänkler per Gurtanlegung identifiziert ist.

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Wenn nach Ludwig Uhland nun also endlich die linden Lüfte erwacht sind, so müssen sie doch draußen bleiben wie winters die polaren (die sich zudem noch durch die bewährte Nackenheizung in den Kopfstützen wirkungsvoll bekämpfen lassen). Im wirklichen Autoleben, das konnte der Standard soeben bei der Präsentation des E-Cabrios auf Mallorca ertesten, zieht's natürlich hinten schon, aber kein Vergleich zu ohne Aircap.

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Und bevor jetzt die Puristen aufheulen und Skandal oder Schlimmeres rufen: Ihr könnt die (Wind-)Schotten ja aufmachen statt dicht und alle Fenster runterlassen.

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Auch in anderer Hinsicht gibt Mercedes dem Wind wenig Chance bei diesem bildschönen Cabrio, das in ästhetischer Hinsicht das extrem gelungene E-Coupé, auf dem es basiert, fast noch toppt: dank ausgefeilter Aerodynamik, die einen für Cabrios extrem günstigen cw-Wert von 0,28 bewirkt.

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Luftwiderstand schlägt sich wiederum im Spritverbrauch nieder, und da vermeldet Mercedes stolz und glücklich, dass man in diesem Fahrzeug normtestzyklisch günstigstenfalls mit 5,4 l / 100 km (220 CDI, 170 PS) davonkommt. Weitere zwei Dieselaggregate stehen noch zur Auswahl, uns hat es besonders der 250 CDI (4-Zylinder, 204 PS) angetan – zudem gibt's vier Benziner, als deren Prestige-Chef sich der souverän-geschmeidige V8 (E 500 Cabrio, 388 PS) nachhaltig empfiehlt.

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Zu beeindrucken vermochte ferner das Handling – vor allem aber die Verwindungssteifigkeit, speziell gegenüber den Vorgänger, dem CLK-Cabrio. Der war zwar auch schon alles andere als ein weiches Schwammerl, aber kein Vergleich zum Neuling. Kehrseite der Medaille: rund 80 kg Mehrgewicht gegenüber dem Coupé. Die bitterste Botschaft aber lautet: 49.540 bis 87.400 € kostet der Spaß, und da sind die Extralisten noch überhaupt nicht konsultiert. Man könnte ja beim Händler anfragen, ob er auch weiche griechische Euros nimmt ... (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Automobil/19.3.2010)

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