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Klaus Maria Brandauer, mit dem Großen Schauspielpreis für sein Lebenswerk geehrt, nahm die Auszeichnung mit einer Dosis Ironie entgegen.

Foto: APA-MARKUS LEODOLTER

Graz - 45 Sekunden haben Oscargewinner Zeit für ihre Dankesreden. Das ist zwar kurz, bewahrt den ausufernden Abend aber vor zusätzlichen Längen. Bei der Diagonale-Eröffnung sollte man in Hinkunft ähnliche Strenge walten lassen, allerdings nicht gegenüber den glücklichen Gewinnern, sondern gegenüber den Jurymitgliedern, die diese zuvor würdigen. So würde man sich Elogen ersparen, die nebulös beginnen - und immer noch nebulös tun, nachdem man den Sieger schon längst herausgefunden hat.

Klaus Maria Brandauer, mit dem Großen Schauspielpreis für sein Lebenswerk geehrt, nahm die Auszeichnung mit einer Dosis Ironie entgegen: Die Zusammenstellung der Best-of-Momente seiner Filmkarriere habe er mit großem Gefallen gesehen, sagte der für seine Eitelkeit berüchtigte Mime - zugleich ließ er durchblicken, dass ihm am Kino nie so viel gelegen sei, ein schelmischer Kontrast zur "Liebe zum Kino" , die Intendantin Barbara Pichler in ihrer etwas allgemein gehaltenen Rede für das Festival reklamierte.

Das Darstellerpaar aus Der Räuber, Franziska Weisz und Andreas Lust, wurde mit dem Schauspielpreis 2010 prämiert. Vor allem Lust überraschte mit einer von widersprüchlichen Emotionen getragenen Rede: "Irgendwie hab i das Gfühl, des is schon a Lebenspreis!" Dem war natürlich nicht so, doch Lust ist im Moment das bestimmende Gesicht des heimischen Spielfilms - auch in Robert-Adrian Pejos Eröffnungsfilm ist er in einer tragenden Rolle zu sehen.

Der Kameramörder, eine etwas freiere Adaption von Thomas Glavinics gleichnamigem Roman, erzählt von zwei Paaren, die ein Osterwochenende am ungarischen Teil des Neusiedler Sees verbringen und unter dem Eindruck eines Verbrechens aus ihren Alltagsroutinen gerissen werden. Pejo interessiert sich wenig für die mediale Ausschlachtung des Falles - ein Snuff-Movie kursiert, das schließlich auch im Fernsehen gesendet wird; er möchte lieber im Stile eines Claude Chabrol hinter die Fassaden hedonistischer Müßiggänger blicken und eine Dynamik festhalten, die am Rande der Hysterie zur Entäußerung führt. Allerdings bleiben die Figuren hier ähnlich transparent wie das in kühlen Farben gehaltene Designerhaus, das immer wieder den Blick auf den See freigibt.

Gleich zu Beginn zeigt Pejo mit einem lasziven Tango an, dass die Gefühlslagen labil sind; prompt wachsen dann unter Einfluss von Alkohol recht erwartbar die Spannungen. Doch aus abrupten Stimmungswechseln und inflationär gesetzten Verdachtsmomenten, einer letztlich allzu losen Szenenfolge, entsteht keine tragfähige Konstruktion für psychologische Entwicklung. Für einen Krimi bleibt Der Kameramörder zu offensichtlich, für eine Beziehungsstudie fehlt indes der Nachdruck, die Genauigkeit im Blick auf Figuren. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe 18.3.2010)