Wenn die Nachbarin ein wenig zu aufdringlich wird: Michael (Michael Fuith) muss sich in Marvin Krens "Rammbock" gegen rabiate Angreifer zur Wehr setzen.

Foto: Diagonale

Genrekino ist im österreichischen Film schon länger keine Rarität mehr. Regisseure wie Stefan Ruzowitzky und Wolfgang Murnberger haben vorgezeigt, wie man innerhalb internationaler Formate Autorenprofil bewahren und heimische Eigenheiten pflegen kann. Davon hat auch die Slasher-Serie In drei Tagen bist du tot profitiert, die sich eng an das Regelwerk von US-New-Horror-Filmen hält, aber mit dem arg verregneten Salzkammergut auch einen passenden lokalen Hintergrund für mörderische Auswüchse gefunden hat.

Auf der Diagonale sind nun zwei Debüts von Filmemachern zu sehen, die daran anzuschließen versuchen. Der in Hamburg ausgebildete Wiener Marvin Kren hat mit Rammbock einen sympathisch unironischen Zombiefilm gedreht, der an jüngere Ableger wie 28 Days Later oder REC erinnert; in South der Kärntner Joachim Krenn und Gerhard Fillei mag man gleich mehrere Einflüsse benennen: Elemente aus Neo-Noir, Gangsterfilm und Underground-Milieustudie verschmelzen zur eigenwilligen Mischung.

Marvin Kren beginnt seinen Horrorfilm sehr unvermittelt, nur um dann sukzessive die Tonlage hin zum Porträt eines recht alltäglichen Helden in einer Ausnahmesituation zu verlagern. Michael (Michael Fuith) ist aus Wien nach Berlin gekommen, um einen letzten Anlauf bei seiner Exfreundin Gabi (Anka Gracyk) zu starten. Doch bevor er überhaupt auf sie trifft, ist der Hof ihres Hauses schon mit rabiaten Untoten übervölkert. Michael sieht sich gemeinsam mit dem 15-jährigen Harper (Theo Trebs) zum Rückzug in Gabis Wohnung gezwungen.

Beruhigungsmittel helfen

Das Buch von Benjamin Hessler ist äußerst effizient gebaut: ein enger Raum und ein Wohnblock mit ein paar Überlebenden, die nur über die Fenster hinweg kommunizieren; unterschiedliche Bedürfnisse der Eingesperrten (einer will seine Liebe kitten, der andere nur überleben; der eine berlinert, der andere "hadert" ); Zeitnot, weil Michael verletzt wurde und seine Mutation nun mit Einnahme von Beruhigungstabletten verzögert.

Die Standardsituationen, die sich daraus ergeben, führt Kren geschmeidig aus. Rammbock hält sich nie sonderlich ausführlich mit Blut- und Beuschelszenen auf, der Film richtet sein Augenmerk lieber auf Spannungsmanöver und existenzielle Miniaturen, die eine Viruskatastrophe dieses Ausmaßes mit sich bringt. Die Auflösungen sind - und das ist bei nicht unbegrenzten Möglichkeiten eine besondere Leistung - stets originell. So viel sei gesagt: Zombies stärken hier unter anderem den Gemeinschaftssinn.

Joachim Krenn und Gerhard Fillei haben sich für ihre Genreverbeugung South gleich in die USA begeben - die Fertigstellung des Films, am dem sie zeitweise die Rechte verloren haben, hat sie dennoch ganze zwölf Jahre gekostet. Der Film beginnt mit den Nachwirkungen eines spektakulär gescheiterten Bankraubs. Bruce (Matthew Mark Meyer) wurde angeschossen, auf der Flucht nach New York holen ihnen immer wieder Erinnerungssplitter aus einer mysteriösen Vergangenheit ein, hervorgerufen durch ein Tagebuch, das ihm zugeschickt wurde.

Gleichzeitig erzählt South auch von dem Pianoladenbesitzer Al (Sal Giorno) und seiner Angestellten Dana (Claudia Vick) - zwei schönen Schauspielentdeckungen. Die beiden Geschichten treffen erst in einem turbulenten Finale aufeinander - schon das sagt einiges über die Verdichtungsarbeit, die das Regie-Duo hier geleistet hat. South überzeugt so auch weniger als homogener Film - dafür enthält er zu viele Sprünge wie auch Redundanzen - denn szenenweise: Immer wieder passiert es, dass sich hier die Schwarz-Weiß-Bilder als Ausdruck eines Zustands, eines Gefühls selbst genügen. (Dominik Kamalzadeh, SPEZIAL - DER STANDARD/Printausgabe, 16./17.03.2010)