Die Kinderschändungen durch Geistliche seien Werke des Teufels. Satan sei es gelungen, "in die Gänge des Vatikans vorzudringen", erklärte der Chefexorzist des Vatikans, Gabriele Amorth nun der britischen Times. Die Täter sind nach Amorths Theorie also nicht schuld, sondern besessen. Bereits 2008 hatte Amorth dem Spiegel von einem Kurienprälaten berichtet, der von Dämonen dazu gebracht worden sei, "einen Strichjungen in den Räumen der ehemaligen Hl. Inquisition zu empfangen". Ein Opfer eines "teuflischen Plans" also.

Gabriele Amorth kennt sich aus mit Dämonen. Im Allgemeinen würden sie nicht riechen, aber sie könnten spucken und Nägel speien. Und sie seien verlogen. Ein Dämon habe ihm einmal angekündigt, eine besessene Person am 8. Dezember zu verlassen. Als dies nicht geschehen sei, habe Amorth ihn nach dem Grund gefragt. Der Dämon habe ihm geantwortet: "Ich habe dich reingelegt", erzählte der 84-Jährige dem Vatican Magazin. Dämonen dürfe man keine blöden Fragen stellen, etwa ob Roma gegen Lazio gewinnt, findet Amorth. Es ginge darum, Besessene zu heilen. Amorth selbst führte 70.000 Exorzismen durch. "Ich spreche jeden Tag mit dem Teufel. Ich rede mit ihm auf Latein. Er antwortet auf Italienisch." So wurde der Exorzist, der sieben Tage pro Woche arbeitet, Experte für das Böse. Er kann sogar die Körpergröße eines Dämons bestimmen.

Als 2004 in Canneto di Caronia einige Kühlschränke in Flammen aufgingen, reagierten viele verwundert. Nicht Amorth: "Dämonen besetzen Häuser und erscheinen in Elektrogeräten", erklärte er.

Amorth ist ein Kind des Kriegs. Er schloss sich mit 18 Jahren den Partisanen in Modena an. Später beteiligte er sich am Aufbau der Partei Democrazia Cristiana und ist bis heute ein enger Freund von Giulio Andreotti. 1954 wurde der Mariologe, der auch Jus studierte, zum Priester geweiht. Seit 1985 ist er Exorzist der Diözese Rom. Das Böse sei der Preis, der für die Freiheit des Menschen zu zahlen sei, ist Don Gabriele überzeugt.

Niemand sei vor dem Teufel gefeit, auch im Vatikan gebe es satanische Sekten, glaubt Amorth. Auf die Frage, ob auch der Papst besessen sein könne, sagte er: "Theoretisch ja. Allerdings verfügt der Heilige Vater über einen Trupp von Schutzengeln." Und er selbst? "Der Dämon hat mir oft gesagt, ich sei zu gut beschützt, bei mir sei nichts zu machen", sagte er dem Vatican Magazin. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD - Printausgabe, 15.3.2010)