Ein Aushub macht die Funktion der Leiter nutzlos: "O. T. (Monument Teil 1)" von Hannes Zebedin

Foto: Zebedin

Beiläufig, minimal, wie "passiert" wirken seine Arbeiten. Hannes Zebedins Eingriffe sind von vandalistischen Akten oder Renovierungsarbeiten oft nur durch ihren (institutionellen) Kontext zu unterscheiden. Ein Eindruck, der sich in "Escape", seiner Ausstellung im Kunstbüro von Amer Abbas, neuerlich bestätigt: Oberflächlich zugespachtelte Löcher in den Wänden, Putzbrocken auf dem Boden, ein Häufchen Erde, dazu drei achtlos hingestellte ärmliche Holzsessel, die durch die offene Luke in den Keller zu purzeln drohen.

Escape titelt die Ausstellung, die das Thema der Flucht bereits über die verwendeten einfachen Materialien transportiert: Zebedin (geb. 1976 in Lienz) geht es um Fragen der Migration, und bei näherer Betrachtung wirken die Objekte keine Spur mehr improvisiert, sondern erweisen sich - ganz im Gegenteil - als formal präzise Transportmittel der Inhalte: Im Keller installierte er eine Diashow, deren Bilder eine sparsam mit Schnee bedeckte Brache zeigen. Mitten im hölzernen Gestrüpp entsteht ein Loch, wird tiefer. Den entsprechenden Fortschritt zeigt eine Leiter an, die immer mehr versinkt, bis sie schließlich verschwindet: "O. T. (Monument Teil 1)" sei im Rahmen von Überlegungen für ein Partisanen-Monument für den Persmanhof (Stützpunkt der Kärntner Partisanen) entstanden, erzählt Zebedin. Die Leiter stehe für die Partisanen, sei Symbol für die Erhöhung und die Sichtbarmachung eines Standpunktes. "Wenn das Umfeld sich ändert, wird die Funktion der Leiter neutralisiert."

Die Veränderung der Perspektive ist Teil der künstlerischen Praxis des Vielreisenden, der die Idee von Kunstproduktion als politische Handlung verfolgt, der Systeme und Strukturen analysiert: Zebedin reiste etwa nach Padua, dorthin, wo der Bürgermeister zur Abgrenzung von den Flüchtlingen einen Zaun hochzog. Ein Abschotten, das Zebedin in Wien mit Stahlplatten reinszenierte. Darüber: ein schmaler Streifen "Horizont", der Blicke auf den letzten Zipfel Hoffnung frei gibt: Die Migrationsrouten hat er abstrahiert, als dicke, aufwärts strebende Pfeile an die Wand geworfen. Dicke Farbtropfen rinnen zurück zum Boden: Schicksalsverweise. So wie die leeren Sessel, auf denen einst Asylwerber saßen. (kafe/ DER STANDARD, Printausgabe, 11.3.2010)