Apokalypse remixed: Die Kabarettistengruppe Maschek synchronisiert im Rabenhof reales Fernsehen mit absurden Dialogen.

Foto: Katsey

Wien - Globalisierte Chiffren à la 9/11 verheißen meist nichts Gutes, das medial konditionierte Auge wird misstrauisch: Ist 090909 etwa auch ein verhängnisvoller Code? Stecken terroristische Machenschaften dahinter? Die Antwort darauf ist so paradox wie das Prinzip Maschek selbst. Die Stimmkünstler Peter Hörmanseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel unterlegen aus dem Fernsehen entliehene Bilder live mit völlig aberwitzigen Dialogen. So funktionieren sie diese zu Szenarien um, wie sie abgedrehter nicht sein - oder erst recht wieder nur in der Wirklichkeit vorkommen könnten. Komik entsteht aus der Differenz zwischen Realem und Absurdem.

090909 nun verweist auf den Tag, an dem die Umwelt-Aktivisten von "Global Warning" der Welt mittels einer paradoxen Intervention einen radikalen Denkzettel in Sachen Klimaschutz verpassen möchten: Sie installieren einen Atomreaktor im arktischen Eis, der die Polkappen zur Schmelze bringt, sollten die Kioto-Ziele nicht innerhalb eines Jahres erreicht werden. Die Weltgemeinschaft erfährt per Twitter davon, zunehmend nervös wird sie jedoch erst, als sich herausstellt, dass durch ein Missverständnis der Zeitzünder auf 24 Stunden statt ein Jahr eingestellt wurde.

Die nun folgende Weltuntergangs-Hysterie, die die Mascheks aus 100 Stunden gesichtetem Fernsehmaterial zusammengemixt haben, zeigt das ganze Spektrum potenzieller Lösungsansätze für globale Probleme auf: vom Klonen George Clooneys als Urvater einer neuen Generation, die im Weltall überleben soll, über Jungfrauen-Opfer im Popocatepetl bis zu Kim Jong-ils Strategie, die Katastrophe von den Medien gnädig ignorieren zu lassen. Von Präsident Barack Obama abwärts darf sich in einem furiosen Wettlauf gegen die Zeit jeder, der sich berufen fühlt, an der Rettung der Welt beteiligen. Nachrichtensender berichten live, da die verschieden dialektierenden Moderatorinnen trotz allem Dienst haben. Globalisierte Missverständnisse hin oder her - Weltuntergang war noch selten so lustig. Grandios! (Stefan Mayer/ DER STANDARD, Printausgabe, 11.3.2010)