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Udo Proksch auf dem Weg ins AKH im Februar 1990. 1989 wurde er nach Flucht verhaftet.

Foto: APA/Jäger

Am 27. 6. 2001 starb bei einer versuchten Herztransplantation in Graz der damals erst 67-jährige Udo Proksch. Er saß lebenslang wegen sechsfachen Mordes, 1992 verurteilt. Um seinen Fall, um seinen relativ frühen Tod, um sein ganzes wüstes Leben spinnen sich Legenden, die für einen Schlüsselroman und ein paar Filme ausreichen würden.

Neu ist jetzt eine Filmdoku von Robert Dornhelm. Udos Freunde, Frauen und Fürsprecher kommen zu Wort, sparsamer seine Gegnern. Für kritische Kenner des Falls und des Mannes ist Dornhelms Out of Control eine halbe Themenverfehlung.

Die eigentliche "Sittengeschichte" ist nicht die des Künstlers, Frauenverbrauchers, gefährlichen Hofnarren und Mega-Netzwerkers Udo, sondern der politische Aspekt: Wie über ein Jahrzehnt lang ein Verbrecher geschützt wurde, mit glatten Rechtsbrüchen, mit Desinformationskampagnen bis tief in seinen dann endlich doch stattfindenden Prozess hinein.

Warum? In vielen Artikeln wird Udos Genie als Entertainer erwähnt, seine verrückten Einfälle (meist mit Militärhintergrund) wie etwa seine Fallschirmlandung (mit Demel-Torte) bei einer Geburtstagsfeier des Krone -Herausgebers Hans Dichand. Es war aber auch möglich, ihn für einen unseriösen, irgendwie unheimlichen Patron zu halten, mit Hang zu wirren geistigen Ausflügen (meist in die NS-Folklore). Er verstand es allerdings meisterhaft, auf andere Menschen einzugehen.

Jedenfalls verschaffte er hauptsächlich "roter" Aufsteiger-Prominenz (Androsch, Zilk, Gratz, Blecha) in seinem "Club 45" im Demel die ersehnte Erholung nach trostlosen Parteiabenden im "Haus der Begegnung Simmering". Proksch war auch ein Gelegenheitsmacher, was Frauen betrifft. Ganze Model-Agenturen wurden zu seinen Festen bestellt. Der Demel war auch eine Art "Haus der Begegnung".

Hans Pretterebener nennt Proksch im Interview mit dem Standard ein "kriminelles Gesamtkunstwerk". Kurz gefasst ging es um den Untergang des Frachtschiffes "Lucona", das 1977 im indischen Ozean mit einer riesigen Explosion unterging. An Bord eine "Uranmühle", in Wahrheit von Proksch beschaffter Industrieschrott. Versichert bei der schwarzen "Bundesländer" um einige dutzend Millionen. Als sich Medien und Justiz zu interessieren begannen begann eine gigantische Abwehrschlacht. Innenminister Karl Blecha untersagte seinen Behörden Ermittlungen. Der rote Oberstaatsanwalt Otto F. Müller blockierte seine Staatsanwälte . Justizminister Harald Ofner (FPÖ) fand "die Suppe zu dünn". Außenminister Leopold Gratz ließ durch seine Diplomaten vom rumänischen Geheimdienst (!) gefälschte Schiffspapiere besorgen.Und selbst der große Bruno Kreisky eröffnete skeptischen Journalisten: "Das Schiff hat sicher der israelische Geheimdienst torpediert".

Michael Jeannée bezeichnete den "Lucona"-Kapitän und Anti-Proksch-Zeugen als "Lügner" und noch während des Prozesses erschien die Krone mit der entlastenden Falschinterpretation eines Fotos des am Meeresgrund gefundenen Schiffes.

Nach endlosen Blockaden, Verhaftungen, Enthaftungen, einer Flucht von Proksch nach Manila (mit Gesichtsoperation), nach neuerlicher Verhaftung dann endlich der Prozess. Selbst der Richter Hans Christian Leinigen-Westerburg, hielt alles zunächst nur für eine Fehde zwischen "Freimaurern und CV" - Österreich liebt Verschwörungstheorien. Es war aber ein banales Verbrechen und eine gigantische Vertuschung.(Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 11.3.2009)