Cambridge/Potsdam/Wien - Neue Forschungsergebnisse scheinen die Hypothese, dass die gesamte Erde im Rahmen einer früheren Kaltzeit von Eis bedeckt war, neuen Auftrieb zu verleihen. Bei der Untersuchung von Felsen in Kanada, die während der sogenannten "sturtischen Eiszeit" am Äquator lagen, zeigte sich, dass sich diese zu der Zeit unter einer Eisschicht befanden. "Die Ozeane am Äquator waren vor 716,5 Millionen Jahren eisbedeckt", schreiben Geologen der Harvard University in der Zeitschrift Science.

Die untersuchten Felsen stammen aus der Yukon-Region ganz im Nordwesten Kanadas. Die Forscher identifizierten geriffelte Gesteinsbruchstücke, vom Eis geritzte Trümmer und verformte weiche Sedimente, die allesamt Zeichen von früher Gletscherbildung sind. Eine Analyse des Magnetismus und der Zusammensetzung der Felsen zeigte, dass sich diese vor 716,5 Millionen Jahren in den Tropen etwa auf dem zehnten Breitengrad und auch auf Meeresniveau befanden.

"Klimamodelle besagen, dass der gesamte Ozean rasch zufrieren kann, sobald das Meereseis einmal über den 30. Breitengrad in Richtung Äquator vordringt. Es spricht daher einiges dafür, dass in der sturtischen Eiszeit alle Breiten vereist waren", erklärt Studienautor Francis Macdonald. Erstmals sei nun bewiesen, dass die mindestens fünf Mllionen Jahre andauernde sturtische Eiszeit auch in den Tropen stattfand. Diese Epoche und die direkt darauf folgende marinoische Eiszeit dürften die größten der bisher bekannten Eiszeiten auf der Erde darstellen.

Spannende Zeit für die Evolution

Für die Klimaforschung hat die Abklärung der Schneeball-Frage folglich hohe Bedeutung. "Klimamodelle können erst dann gut sein, wenn sie rasche und schnelle Klimaänderungen oder extreme Klimabedingungen der Vergangenheit erklären können. Derzeit gelingt das noch nicht, daher sind wesentliche Mechanismen noch nicht verstanden", erklärt Achim Brauer, Klimadynamiker vom Potsdamer GeoForschungsZentrum.

Bemerkenswert ist jedoch auch die Tatsache, dass die großen Eiszeiten des Planeten in einer für die Evolution spannenden Phase stattfanden. Bereits vor der sturtischen Eiszeit gab es Einzeller. Deren Überleben sei laut den Studienautoren ein Indiz dafür, dass es immer Stellen mit Sonnenlicht und offenem Wasser gab, wohin sich die ersten Lebensformen flüchten konnten. (red/pte)