Der Fall des Kindesmissbrauchs durch den Erzabt des Stiftes von St. Peter war auch der Salzburger Justiz bekannt. Am 14. September 2009 habe ein Mann aus Wien, der mit dem Opfer offenbar in Kontakt stand, Anzeige beim Landeskriminalamt Niederösterreich erstattet. Der Fall sei dann der Staatsanwaltschaft Salzburg übermittelt worden, die das Verfahren am 18. Jänner 2010 einstellte, "da das Opfer nicht aussagen wollte", wie Mediensprecherin Barbara Feichtinger mitteilte.

Nach Vorliegen der Anzeige wegen schweren, sexuellen Kindesmissbrauchs "wurde der Geschädigte auch ausgeforscht", sagte die Staatsanwältin. Das mittlerweile 53-jährige Opfer, das laut Erzabt Bruno B. vor 40 Jahren von ihm einmal missbraucht worden sei, "war aber nicht bereit zu einer Aussage", so die Staatsanwältin. Der Grund sei nicht erfragt worden, man könne ja niemanden zu einer Aussage zwingen. Da sich daher aber auch keine Tatzeiten ermitteln ließen, wurde das Verfahren eingestellt. "Denn nur durch genaue Befragungen hätten man allenfalls die Tatzeitpunkte ausfindig gemacht."

Ob der Fall verjährt gewesen wäre, hätte man prüfen müssen, erklärte Feichtinger. "Die Verjährungsfrist beginnt mit Erreichen des 28. Lebensjahres des Opfers. Wenn der Täter in der Zwischenzeit verurteilt wurde, würde sich die Frist verlängern."

"Als Sextourist" in Marokko

Die Staatsanwältin bestätigte zudem, dass ein weiterer ehemaliger Pater wegen sexuellen Kindesmissbrauchs an Marokkanern am Landesgericht Salzburg im Dezember 2008 zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Er soll einheimische Buben in den Jahren 2004 und 2005 mehrfach missbraucht haben. Das Verfahren gegen einen zweiten Pater, der ebenfalls "als Sextourist" in Marokko tätig gewesen sein soll, hat die Staatsanwaltschaft Salzburg mit folgender Begründung eingestellt: Der Mann sei ins Ausland gezogen und "hatte keinen Wohnsitz mehr in Österreich". Diese beiden Männer sollen auch den mittlerweile 53-Jährigen über Jahre missbraucht haben, wie das Opfer angab.

Jener 44-jährige Wiener, der die Anzeige im Fall B. eingebracht hatte, listet auf seiner Homepage mutmaßliche Missbrauchsfälle in der Kirche auf. Unter dem Titel "Archiv des Grauens" bezichtigt er "Tausende Priester als Kinderschänder". Von Österreichs Politikern fordert er "die Auflösung des Konkordats mit dem Staat Vatikan".

Bei der Staatsanwaltschaft Salzburg ist allerdings noch jener Fall von mutmaßlichem Kindesmissbrauch durch einen Ordenspriester der Erzdiözese Salzburg anhängig, der erst vergangenen Februar bekanntgeworden war. Der Geistliche soll einen siebenjährigen Buben durch Vorzeigen des Geschlechtsteils und Fotos "sittlich gefährdet" haben. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. (APA)