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Gerog Pachta-Reyhofen

Foto: AP/Uwe Lein

Georg Pachta-Reyhofen steht seit Anfang des Jahres an der Spitze des MAN-Konzerns. In welche Richtung er das Unternehmen weiterentwicklen möchte, sagte er Günther Strobl.

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STANDARD: Ihrem Aufstieg an die Spitze ist der größte Schmiergeldskandal in der Geschichte des Unternehmens vorausgegangen, der MAN 220 Millionen Euro gekostet hat. Wie wollen Sie verhindern, dass sowas noch einmal passiert?

Pachta-Reyhofen: Alle Mitarbeiter sind sensibilisiert und wissen, dass sich so etwas nicht wiederholen darf. Wir haben ein Fünf-Punkte-Programm zur Korruptionsprävention entwickelt. Dazu zählt eine zentrale Compliance-Organisation (Korruptionsabwehr; Anm.) mit einer hauptverantwortlichen Person, die direkt an mich berichtet. Die verantwortlichen Mitarbeiter erhalten individuelle Schulungen und bis Ende 2010 soll ein spezielles EDV-System für eine Standardisierung der Abläufe sorgen, damit so etwas nie mehr vorkommen kann.

STANDARD: Mit der Staatsanwaltschaft hat sich MAN auf die Zahkung eines Bußgelds geeinigt. Was ist mit Schadenersatzansprüchen? 

Pachta-Reyhofen: Es ist Pflicht von Vorstand und Aufsichtsrat, das intensiv zu prüfen.

STANDARD: Bis wann?

Pachta-Reyhofen: Die Prüfung läuft. Ich glaube nicht, dass es vor der Hauptversammlung am 1. April ein Ergebnis geben wird.

STANDARD: Auch andere Unternehmen waren von Korruption betroffen. Was läuft insgesamt falsch?

Pachta-Reyhofen: Ich glaube, dass konkrete Hinweise nicht konsequent genug verfolgt wurden. Jetzt gibt es eine höhere Sensibilität.

STANDARD: 2009 war ein schwieriges Jahr, der Lkw-Absatz hat sich in Europa halbiert?

Pachta-Reyhofen: MAN steht zum Glück auf zwei Säulen: Nutzfahrzeuge und Power Engineering, also Dieselmotoren und Turbomaschinen. Das hat uns geholfen.

STANDARD: Inwiefern?

Pachta-Reyhofen: Insofern, als der Einbruch bei Lkw durch das gut laufende Geschäft mit Nutzfahrzeugen in Südamerika und mit Großdieselmotoren gedämpft wird. Im Schiffbau gibt es zwar weniger Neuaufträge, aber wir zehren vom hohen Auftragsbestand aus den Boomjahren.

STANDARD: Und bei Lkw?

Pachta-Reyhofen: Da hieß es Kosten zu senken. Noch im Oktober 2008, als sich die Krise in Folge der Lehman-Pleite abzuzeichnen begann, haben wir ein ehrgeiziges Kostensenkungsprogramm gestartet, einschließlich der Kurzarbeit in Deutschland und Österreich.

STANDARD: Springt die Konjunktur bei Nutzfahrzeugen wieder an?

Pachta-Reyhofen: Wir haben das Tal erreicht. Seit Oktober geht es mit den Aufträgen swehr langsam, aber stetig wieder bergauf.

STANDARD: Wird die Konsolidierung durch die Krise beschleunigt?

Pachta-Reyhofen: Bei Lkw ist nicht mehr viel zu konsolidieren. Durch den Kauf von VW Truck and Bus haben wir in Lateinamerika eine starke Position, sind in Indien stark durch unser Joint-Venture und haben seit vorigem Herbst auch in China eienn Fuß in der Tür - durch die 25-Prozent-Beteiligung an Sinotruk. Wir sind die Nummer drei der Welt und gehen unseren Weg konsequent weiter.

STANDARD: Heißt das auch engere Verzahnung mit dem schwedischen Lkw-Bauer Scania, an dem sie mit gut 20 Prozent beteiligt sind?

Pachta-Reyhofen: Wir sind offen für eine Zusammenarbeit mit Scania, aber das hat für uns im Moment nicht erste Priorität. Wir konzentrieren uns jetzt auf die neu dazugekommenen Aktivitäten in Indien, Brasilien und China.

STANDARD: Wie verstehen Sie sich mit ihrem Großaktionär VW?

Pachta-Reyhofen: Hervorragend. VW ist ein sehr verlässlicher Großinvestor und MAN ist bisher sehr gut damit gefahren.

STANDARD: Was versprechen Sie sich vom Joint-venture mit Rheinmetall und was heißt das für den MAN-Standort Wien?

Pachta-Reyhofen: Eine deutliche Stärkung und viel mehr Umsatz. Die Anforderungen an Militärfahrzeuge haben sich verschoben, ohne gepanzerte Kabinen geht nichts mehr. Das erfordert ein spezielles Know-how, das MAN nicht hat, wohl aber Rheinmetall. Die Überlegung war: Wenn wir unsere Stärken in der Allradtechnik mit den Vorzügen von Rheinmetall bündeln, entsteht ein hervorragendes Unternehmen.

STANDARD: Wie sieht der Zeitplan aus?

Pachta-Reyhofen: In der ersten Stufe werden Vertrieb und Technik gebündelt und in der zweiten Stufe bis Ende 2011 werden die Werke in Kassel und Wien in das neue Unternehmen eingebracht. "Rheinmetall MAN Military Vehicles" wird dann ein führendes Kompetenzzentrum für Militärfahrzeuge sein.

STANDARD: Sie waren ein begnadeter Fechter, sogar österreichischer Juniorenstaatsmeister. Was davon nehmen Sie für den Berufsalltag an der Spitze von MAN mit?

Pachta-Reyhofen: Gar nicht so wenig. Erstens ist man gewohnt, sich nicht mit Mittelmaß zufrieden zu geben. Bei einem Turnier brauchen sie sonst erst gar nicht antreten. Zweitens, lernt man, nie aufzugeben. Man lernt zu kämpfen und auch, sich im Griff zu haben. Beim Fechten müssen sie in der ersten Minute herausgefunden haben, wo beim Gegner die Stärken und wo die Schwächen liegen. Und dann heißt es blitzschnell handeln.

Pachta-Reyhofen: Wenn es das Staatsbudget noch aushält, wäre ich sehr dafür. Auch aus Umweltgesichtspunkten und hinsichtlich Sicherheit würde das viel bringen.

Standard: Was hielten Sie von einer Verschrottungsprämie für schwere Lkw?

Pachta-Reyhofen:
Wenn es das Staatsbudget noch aushält, wäre ich sehr dafür. Auch aus Umweltgesichtspunkten und hinsichtlich Sicherheit würde das viel bringen.

Standard: Andererseits wird die Erneuerung der Flotten auch durch immer strengere Umweltauflagen getrieben..?

Pachta-Reyhofen: ..und auch durch den Verbrauch. So ein Fahrzeug fährt ja bis zu 200.000 km pro Jahr. Bei einem Verbrauch von 32 bis 33 Liter je hundert Kilometer kommt da einiges zusammen. Da der Treibstoff der mit Abstand größte Kostenfaktor im Straßengüterverkehr ist, sind ein, zwei Prozent Kraftstoffreduktion mitunter kaufentscheidend.  (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 09.03.2010)