Rot-weiß-rote Fähnchen sagen nichts darüber aus, ob ein Produkt auch wirklich aus Österreich kommt

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Wien - "Wenn das keine Täuschung ist, was dann", fragt Christian Jochum von der Landwirtschaftskammer. Der Quargel von Prolactal bestand aus holländischer Milch und deutschem Topfen, gefertigt wurde er in der Steiermark. "Käse aus Österreich" stand auf der Packung. An Listerien in dem Quargel starben bisher acht Menschen. "Die Leute beschweren sich bei uns, sie fühlen sich hintergangen", sagt Jochum.

Für ihn ist die Kennzeichnung ein Verstoß gegen das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG). "Es ist verboten, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben in Verkehr zu bringen", etwa über "Ursprung oder Herkunft", steht dort. Die Landwirtschaftskammer fordert nun klare Regeln für Aufschriften wie "Qualität aus Österreich". Außerdem sollen die Behörden Verstöße gegen das Täuschungsverbot öfter ahnden.

Sie würde gerne verbieten, dass "Österreich" draufsteht, wenn die Rohstoffe nicht aus Österreich kommen, sagt Petra Eder vom Gesundheitsministerium. Doch selbst wenn solche Bestimmungen erlassen werden, wäre es schwer, Produzenten zu bestrafen, weil diese sich auf EU-Recht berufen könnten: Herkunft heißt Produktionsort. Eine Kommission soll nun trotzdem Richtlinien erarbeiten, was als Irreführung nach dem LMSVG zu verstehen ist.

"Derzeit ist geltendes Recht: Wo die Wertschöpfung, da der Ursprung", sagt Anka Lorencz von der Wirtschaftskammer. Herkunft sei auch sehr subjektiv: Eine Studie der AMA hätte gezeigt, dass etwa Menschen auf dem Land Herkunft ganz anders definieren als Menschen in der Stadt. Erstere unterscheiden einzelne Täler, Dörfer oder Regionen, Letzteren ginge es meist nur um das Land. Außerdem sei es bei vielen Produkten unmöglich, die Herkunft genau anzugeben: Verpackungen würden meist einmal pro Jahr gefertigt, während Lieferanten öfter wechseln; In einer Getreidemühle würde Mehl zahlreicher Bauern vermahlen; im Orangensaft seien Früchte verschiedener Plantagen.

Die EU arbeitet derzeit an einer Verbraucherinformationsverordnung, die Angaben auf dem Essen regeln soll. Neben der Herkunft der Rohstoffe soll auch der Nährwert ausgewiesen werden. Außerdem sollen Bezeichnungen wie "Bauernbutter" oder "Bergkäse" an Auflagen gebunden werden.

Eine andere EU-Bestimmung beschäftigt derzeit Prolactal: Laut Profil gilt seit 2005 eine Nulltoleranz gegenüber Listerien. Auch die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit bestätigt das. 2009 hatte Prolactal Quargel in den Handel gebracht, in dem davor Listerien gefunden worden waren. "Wir interpretieren die EU-Richtlinie anders, unserer Meinung nach ist ein bestimmter Grenzwert erlaubt, den wir nie überschritten haben", sagt Prolactal-Sprecher Harald Schiffl. Wer recht hat, müssten nun Rechtsexperten klären. (Tobias Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 8.3.2010)