"Rosenkranz ist eine Totengräberin der Frauengleichstellung", sagt Grünen-Chefin Glawischnig.

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Grünen-Chefin Glawischnig befindet, dass Barbara Rosenkranz eine "Totengräberin der Frauengleichstellung" ist und erklärt im Interview mit Gerald John, warum die Grünen trotzdem keine eigene Kandidatin mehr aufstellen werden.

Standard: Ärgern Sie sich schon darüber, dass die Grünen keinen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl aufgestellt haben?

Glawischnig: Nein, warum sollte ich? Um Rechtsextreme zu kritisieren, braucht man keine eigene Präsidentschaftskandidatur. Das ist etwas, was die Grünen seit Jahren machen – machen müssen!

Standard: Wenn grüne Wähler ihre Abneigung gegen die FPÖ-Kandidatin Barbara Rosenkranz an den Urnen demonstrieren wollen, müssen Sie diese aber zum Sozialdemokraten Heinz Fischer schicken.

Glawischnig: Ich weiß, dass viele grüne Wählerinnen und Wähler mit Fischer zufrieden sind. Er wird der nächste Bundespräsident sein und hat sein Amt aus meiner Sicht auch ordentlich ausgeübt.

Standard: Die Grünen werden also nicht doch noch einen Kandidaten aus dem Hut zaubern, um Rosenkranz etwas entgegenzusetzen?!

Glawischnig: Die Partei hat entschieden, ihre Energie auf die heurigen Landtagswahlen zu konzentrieren. Dass Barbara Rosenkranz eine knallharte Rechte, eine historische Geisterfahrerin ist, war ja bekannt. Diese verbrecherische Realitätsverweigerung, aus der Geschichte nichts lernen zu wollen, ist für uns nichts Neues.

Standard: Rosenkranz würde wohl antworten, sie distanziere sich eh vom NS-Gedankengut – sogar mit einer eidesstattlichen Erklärung.

Glawischnig: Diese Erklärung ist durchsichtig: Cato verlangt sie in der Krone, Rosenkranz gibt sie. Es ist immer das gleiche Spiel. Die Rechten provozieren, weinen dann über die bösen Kritiker, und am Ende gibt es halbherzige Distanzierungen. FPÖ-Nationalratspräsident Martin Graf hat auch eine offizielle Erklärung abgegeben – ein paar Monate später haben seine Mitarbeiter im Internet "Nazidreck" bestellt.

Standard: Was sollte Rosenkranz stattdessen tun?

Glawischnig: Ihre Geisteshaltung ist offenkundig. Das Einzige, was sie vernünftigerweise tun kann, um der Empörung der Österreicher gerecht zu werden, ist der Rücktritt von ihrer Kandidatur. Viele Bürger haben es satt, international ständig ins rechte Eck gestellt zu werden. Österreich wird da in Geiselhaft genommen.

Standard: Vielleicht bekommt das Land – hart formuliert – aber auch die Kandidatin, die es verdient. Anderswo wäre eine wie Rosenkranz wohl nie so weit gekommen.

Glawischnig: Die beiden großen Parteien grenzen sich oft zu wenig ab – wie bei der Wahl Grafs. Aber eine solche Kandidatin hat Österreich nicht verdient, auch wegen ihrer kruden Theorien zur Frauenpolitik. Gender-Mainstreaming hält sie für eine kapitalistisch-marxistische Weltverschwörung, um die Geschlechter abzuschaffen, Feminismus und Mutterschaft würden sich ausschließen. Rosenkranz ist eine Totengräberin der Frauengleichstellung.

Standard: Umso mehr hätte für eine grüne Kandidatin gesprochen.

Glawischnig: Dafür haben wir als einzige Partei eine Chefin und mindestens 50 Prozent Frauen in allen Gremien.

Standard: Werden Sie persönlich Heinz Fischer wählen?

Glawischnig: Sofern keine weiteren Kandidaten auftreten, ja. Dazu muss ich nicht hundertprozentig mit ihm einverstanden sein.

(Gerald John/DER STANDARD, 07.03.2010)