Battlefield Bad Company 2 (DICE/EA) ist für PC, PS3 und Xbox 360 erschienen.

Foto: EA
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"Sometimes people are just people", resümiert der Soldat, als er vom Captain erfährt, dass der russische Gefangene sofort gesungen hat, weil er selbst Familie in Housten, Texas hat. Eine unerwartet menschliche Aussage. die zeigt, dass Realismus nicht immer nur über die Steigerung von Gewalt erzeugt werden kann. Aber den Vergleich mit den populären Kriegsspielserie "Call of Duty" hat DICE' neueste Schöpfung "Battlefield Bad Company 2" (BBC2) gar nicht notwendig. Wem die Schreckensbilder von "Modern Warfare 2" noch schwer im Magen liegen, wird sich über die leichtere, nicht ganz so ernst gezeichnete Herangehensweise der B-Company ans Schlachtfeld freuen.

Avarage Action Hero

Die Formel für ein seichtes Action-Kino ist simpel: Man nehme ein US-amerikanisches Kommando, das versucht eine mysteriöse Massenvernichtungswaffe sicherzustellen, bevor die bösen Russen sie in die Finger bekommen. Geschmückt mit halbwitzigen Tag-Lines der Kameraden und mürrischen Vorgesetzten ergibt das die perfekte anspruchslose abendliche Unterhaltung. Allzu große Literatur sollte man sich in den Schuhen des Soldaten Preston Marlowe jedenfalls nicht erwarten, aber immerhin nehmen sich die Autoren selbst nicht zu wichtig und versuchen es erst gar nicht aus einem Rambo-Szenario ein Drama zu stricken. Auf übertriebene Gewaltdarstellung und verstörende Bilder wurde verzichtet.

Wirkungsvoll

Das vierköpfige Team aus dem Vorgänger wurde beibehalten und in eine deutlich geradlinigere Kampagne gesteckt. Der Plot wird zwar nicht nachhaltig in Erinnerung bleiben, sorgt jedoch dafür, dass es in den viel zu knappen 6 bis 8 Stunden jede Menge Schauplatzwechsel und unterschiedliche Modi Operandi gibt. Die Situationen sind stark geskriptet, die Offenheit des Originals fiel der  Inszenierung zum Opfer. Die Kampagne lebt von wundervoll digitalisierten Landschaften, gigantischen Ausblicken und der spielerischen Vielschichtigkeit. Während man mit dem Bot durch den verregneten Dschungel tuckert, in verschneiten Bergen gegen das Erfrieren kämpft und mit dem Jeep durch die Wüste brettert, macht man sich das wirkungsvolle Waffenarsenal eine Action-Helden zu nutze. Im Hochland seziert man den Feind mit dem Scharfschützengewehr und tarnt seine Präzisionsschüsse mit dem Grollen des Donners. Im Häuserkampf lohnt der Wechsel zum Granatwerfer und bombt so Heckenschützen den Boden unter den Füßen weg. Je schwerer die Gerätschaft, desto eindrucksvoller die Auswirkungen: Mit dem Panzergeschütz reist man ganze Häuserblöcke nieder.

Multitalent

Neben allen Gameplay-Eigenschaften, die ein erstklassiger Egoshooter aufweisen muss, macht BBC2 der unkomplizierte Einsatz von Vehikeln zum infernalen Hochgenuss. Per Hubschrauber-Gatling militärische Stellungen dem Erdboden gleich zu machen oder mit dem Panzer durch Wände zu brechen, hat etwas von der infantilen Lust mit Feuerwerkskrachen Spielzeugautos in die Luft zu jagen. Die hauseigene Frostbite-Grafik-Engine der Entwickler garantiert, dass die Non-sense-Experimente auch aus Feuerwehrmännern Pyromanen machen. Das funktioniert deshalb so gut, weil man trotz realistischer Darstellungen nicht das Gefühl hat, eine echten Krieg nachzustellen. Die Dialoge sind überzeichnet, der gespielte Charakter kann oh Wunder sämtliche Waffen, Fahrzeuge und Computersysteme bedienen. Die drei computergesteuerten Mitstreiter agieren sinnvoll, halten Gegner von einem fern, während man sich auf RPG-Schützen konzentriert und stehen aber nach hundert Volltreffern wieder auf, als wäre nichts gewesen. Das mittlerweile üblich gewordene Wiederbelebungselement wurde gar nicht erst reingenommen. Veteranen werden trotzdem reichlich gefordert, ohne das Gefühl zu haben, jede Sekunde in die Augen des Todes blicken zu müssen.

Exzellenter Mehrspieler

Der Präsentation der Kampagne fehlt der Feinschliff, um beim zweiten Mal noch richtig begeistern zu können. Oft fragt man sich, weshalb man hier gerade sich ins Gefecht wirft und beim Übergang von Zwischensequenzen zum Spiel kommt einem wiederholt die Orientierung abhanden, weil die Kollegen bereits zum nächsten Treffpunkt vorgelaufen sind. Die Einzelspielermission ist auch zu kurz, um den Vollpreis zu rechtfertigen, als Vorgeschmack auf das eigentliche Battlefield-Highlight, den Multiplayer, funktioniert sie allerdings hervorragend.

Im Kampf gegen menschliche Gegner glänzen die technischen Errungenschaften der Frostbite-Engine. Weil man sprichwörtlich jedes Gebäude kurz und klein sprengen kann, gestaltet man das Schlachtfeld mit jeder Partie neu. Enervierende Heckenschützen können mit einem Lucky-Punch ausgehoben werden, Mauern lassen sich niederreißen, um einen besseren Blick auf die anrollenden Truppen haben zu können.

Perfektes Teamplay

Die große Stärke der Multiplayer-Schlachten ist Förderung von Teamplay. Einerseits wird man für das Beitreten zu einem Squad belohnt, in dem man so die Chance bekommt sich nach dem Ableben direkt in seinem Squad respawnen zu lassen, anstatt den ganzen Weg vom Rücksetzungspunkt bis zur Front jedes Mal aufs Neue zurücklegen zu müssen. Andererseits fordert schon der Einsatz der unterschiedlichen Kriegsmaschinerie ein koordiniertes Zusammenspiel. Idealer Weise etwa begleiten Späher einen Panzertrupp, um RPG-Schützen im Vorfeld auszuschalten.

Neben dem diesen strategischen Aspekten wird viel Raum für Individuelle Vorlieben gelassen. Das fängt bei der Auswahl der Spielerklasse und der Anpassung der Ausrüstung an und hört bei der Wahl der Spielmodi auf. Wem mehr nach intensiveren Squad-Kämpfen auf engerem Terrain ist, findet genauso entsprechende Optionen, wie der Liebhaber von gigantischen Feldzügen. Erfolge werden standardgemäß durch Waffen-Upgrades und freischaltbare Gadgets und spezielle Boni im Spiel selbst belohnt.

Noch kein Coop

Was fehlt, ist lediglich ein eigenständiger Coop-Modus. Zu mehrt würde die Kampagne ordentlich an Tiefgang dazugewinnen und das Erlebnis bereichern. Aber für Fans des engen Zusammenspiels gibt es Grund zu Hoffnung. Laut Hersteller arbeite man bereits an der Umsetzung, die Auslieferung werde aber noch eine Weile auf sich warten lassen.

Technisches

Technisch macht BBC2 auf allen Plattformen eine gute Figur. Die Mischung aus fast fotorealistischen Himmeln, Hintergründen, enormer Weitsicht und detaillierten (und zerstörbaren) Kulissen gibt es in dieser Art sonst nur in wenigen anderen Spielen zu bestaunen. Dabei wurde auf Kleinigkeiten und atmosphärisch wichtige Einzelheiten wie dichte Rauchschwaden, Sandstürme, Blizzards oder prasselnden Regen und flatternde Vögel nicht vergessen. Am Sound-Design gibt es ebenso wenig auszusetzen. Die Waffen- und Fahrzeugmechaniken wurden kristallklar aufgezeichnet, Artilleriefeuer schlägt am Bildschirm genauso heftig ein, wie in der Magengrube nieder - lautstarke Basslautsprecher vorausgesetzt.

PC-Spieler werden nicht nur optisch belohnt, wenn sie ein modernes Equipement ihr Eigen nennen, Klans freuen sich über die Zulassung von dezidierten Servern für private Matches. Die getesteten Konsolenversionen weisen nur leichte Darstellungsmängel auf. So kommt es hin und wieder zu verzögerten Einblendung von Objekten (Pop-ins). Xbox 360-Spieler sollten die Installationsoption nutzen, da die langsame Auslesung der DVD zu nervigen Verzögerungen im Spiel - etwas beim Waffenwechsel - führt. Bei der PS3-Fassung wird dieser Fehler durch die Zwangsinstallation ausgeschlossen.

Fazit

Battlefield Bad Company 2 mag in der Einzelspieler-Kampagne dramaturgische Schwächen haben, die reine Singleplayer-Freunde zu kurz kommen lassen. Rein vom Gameplay her betrachtet, bietet DICE' Schlachtfeld die perfekte Unterhaltung. Als Fußsoldat fühlt man sich hier ebenso zuhause, wie als Panzerfahrer. Ist man einmal auf die Vorzüge zerstörbarer Kulissen gekommen, wird man dieses Feature in jedem anderen Titel nicht mehr missen wollen. Nicht nur optisch wirkt der virtuelle Feldzug dadurch moderner, sondern auch spielerisch anspruchsvoller und vielseitiger. Gerade im Mehrspielermodus reicht zurzeit kein anderer Shooter an dieses Angebot heran.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 7.3.2010)