"Die inter-institutionellen Rivalitäten sind gut verwurzelt."  Brief von Miliband und Bildt an die EU-Außenministerin Ashton.

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Schweden und Großbritannien starteten eine Initiative gegen die Pläne der EU-Außenministerin.

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Nach dem Willen des spanischen EU-Ratsvorsitzes hätte es beim informellen EU-Außenministertreffen in Córdoba um Nahost, um die Beziehungen zu den Schwellenländern Indien oder Brasilien gehen sollen. Stattdessen gerieten die Beratungen Freitag zur einer harten Abrechnung mit den Plänen von EU-Außenministerin Catherine Ashton beim Aufbau des Außendienstes der Union (EAD).

"Es gibt keine einzige Stimme die sagt, ‚Wir sind zufrieden mit dem, was da läuft‘" , berichtete Außenminister Michael Spindelegger. Die Hauptkritik sei: "Wir sind nicht eingebunden, es ist keine Richtung erkennbar. Es gibt keine Koordination, welche politische Linie es gibt." Bei den Außenministern gäbe es "Frust über die Nichteinbindung" bei den Plänen für den EAD, sagte Spindelegger.

Zwar habe "niemand Ashton attackiert oder beschimpft" , sie werde "als Person von allen unterstützt, denn ein Misserfolg von ihr hilft niemand" , aber: "Es ist deutlich geworden, dass es so nicht weitergeht" , so Spindelegger.

Er hoffe, dass sie sich das zu Herzen nehme, Kritik als Chance wahrnehme. Ashton selbst sagte, sie freue sich über die "Ideen" , die man an sie herantrage.

Interne Machtkämpfe

Eröffnet hatten den Reigen der Kritik die Außenminister von Schweden und Großbritannien. In einem Brief an die "Right Honourable Baroness Ashton" : "Wir sind über offenkundige interinstitutionelle Machtkämpfe in unseren derzeitigen Verhandlungen um den Europäischen Auswärtigen Dienst besorgt." Damit war dem Treffen der Stempel aufgedrückt.

Die Botschaft: Ashton solle sich gegen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso durchsetzen und die Rolle der Mitgliedstaaten im EAD sichern, der pro Jahr 400 Millionen Euro kosten soll.

"Ich werde meinen Beitrag leisten, dass der Dienst nicht am Gängelband der Brüsseler Institutionen hängt" , sagte der Deutsche Guido Westerwelle.

Nach der Entmachtung der Außenminister - sie nehmen durch den Lissabon-Vertrag nicht mehr an den Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs teil - wollen die Außenämter nun wenigstens "ihre besten Köpfe" in den EAD hineinsetzen. Die Kommission stattet den EAD mit 1950 Beamten aus, die großteils schon in diesem Bereich arbeiten. Ein weiteres Drittel kommt von den Staaten.

Doch viele dieser Beamten seien ohnehin schon jetzt in Brüssel, erklärt ein Kommissionsbeamter: "Wenn erwartet wird, dass weitere aus den Außenministerien kommen sollen, dann muss man diese Erwartungen bremsen."

Neben den Ämtern geht es auch um das Geld. Die Außenminister wollen, dass der EAD selbst über Finanzen zur Umsetzung von Projekten bestimmen kann und nicht etwa die Kommissare für Entwicklungszusammenarbeit und Außenhandel. Bisher wurden die Entwicklungsprogramme von der EU-Kommission abgewickelt. Die Kommission verweist darauf, dass es sich dabei um Gelder in ihrem Verantwortungsbereich handle.

Auch das Europäische Parlament pokert mit: Es verlangt, dass durch die Schaffung eines einheitlichen Dienstes seine Budgethoheit nicht unterlaufen wird.

Dass Europa erstmals ein "Außenministerium" bekommen soll, wird in der Kommission als "friedliche und stille Revolution" gewertet. Der Dienst soll den Einfluss in Indien, Pakistan, China, Brasilien und Oman mit neuen Delegationen sichern. Der EAD soll auch einen Militärstab mit etwa 150 Personen umfassen.

Unklar ist, wie Ashton alle ihre Aufgaben - bisher waren damit drei Personen betraut - bewältigen soll. Denn ein institutionalisierter Stellvertreter, wie die USA das kennen, ist nicht vorgesehen. Im zweiten Halbjahr 2010 sind allein 46 Dialoge auf Ministerebene, 50 Kommissionssitzungen, zehn Gipfel zu machen. Dazwischen sollte sie ins Ausland reisen, Ratssitzungen leiten: Ein "undurchführbarer" Job, heißt es in Brüssel. (von Thomas Mayer aus Córdoba und Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 6.3.2010)