Wien - Der mittlerweile seit 17 Jahren im österreichischen Untergrund lebende ehemalige nordkoreanische Offizier Kim Jong Ryul hat sein Heimatland schwer angeklagt. "Heute wie damals, als ich geflohen bin, ist Nordkorea eine grausame, verlogene und heuchlerische Diktatur. Diktator Kim Jong Il besitzt alles, was man sich nur vorstellen kann, während das Volk leidet und hungert", erklärte Kim Jong Ryul am Donnerstag bei einer Buchpräsentation über sein Leben in Wien. Er wisse nicht woher die Kugel komme, die ihn töten werde, denn nun sei sein "Dasein enttarnt".

Nachdem er laut eigenen Angaben jahrelang für sein Heimatland Konsumgüter und Waffen in Österreich, Deutschland und anderen Ländern organisiert hat, habe er sich im Jahr 1993 abgesetzt und sei nach Österreich geflohen. Sein einziger Ausweis sei ein heimlich gemachter Führerschein, so Kim Jong Ryul weiter. Es sei allerdings nicht geplant gewesen, dass er sich so lange verstecken würde. Doch die Hoffnung, dass das Regime in Nordkorea in absehbarer Zukunft zusammenbreche, habe er mittlerweile beinahe aufgegeben. "Heute bin ich 75 Jahre alt und habe kaum noch Hoffnung, je zurückkehren zu können. Aber ich will nicht still und leise abtreten. Ich will, bevor ich sterbe, endlich die Wahrheit sagen. Ich will über die Grausamkeit und die Brutalität berichten", so Kim Jong Ryul.

 

In dem nun erschienenen Buch "Im Dienst des Diktators" rechnet der ehemalige Offizier mit seinem Heimatland Nordkorea ab. "Kurier"-Journalistin Ingrid Steiner-Gashi und ihr Mann Dardan Gashi zeichnen das bewegte Leben des ehemaligen Agenten nach und versuchen einen Einblick in das repressive politische System der kommunistischen Diktatur und zu geben. Zudem dokumentieren die Autoren illegale Geschäfte österreichischer und deutscher Firmen mit Nordkorea. 

Wiener Küche

So erzählt der in der DDR ausgebildete Ingenieur, Kim Il Sung habe mehrere Köche nach Österreich geschickt, um hier die Zubereitung örtlicher Spezialitäten zu erlernen. "Die verrückten Diktatoren hatten Gerüchte gehört, denen zufolge die österreichische Küche weltberühmt sei, und deshalb wollten sie, dass die Köche hierher kommen", zitiert ihn AP.

Er habe im Auftrag der Regierung Jagdwaffen, Metalldetektoren  und sogar ein Cessna-Flugzeug beschafft. Da die Nordkoreaner einen 30-Prozent-Aufschlag auf die marktüblichen Preise bezahlten, fanden sich leicht Geschäftspartner.

"Diese Wahrheit ist auch meine Rache, und ich hoffe, dass ich mit diesem meinem Bericht mithelfen kann, die Diktatur zu schwächen", beschreibt Kim Jong Ryul die Motivation, das Buch zu schreiben, auf der Homepage seines Verlages. Und noch etwas wolle er aufzeigen: "Dass westliche Firmen jahrzehntelang gutes Geld mit ihren Geschäften mit der Diktatur gemacht haben. Dass sie mit ihren Waren teilweise mitgeholfen haben, dieses System zu stützen und dass diese Geschäfte auch heute noch laufen". Kim Jong Ryul bezeichnete sich während der Buchpräsentation am Donnerstag selbst als "Vaterlandverräter". 

Laut Steiner-Gashi wird Kim Jong Ryul demnächst in Österreich um Asyl ansuchen. (red/APA)