12 km groß und 72.000 km/h schnell: Der Meteorit von Chicxulub war wohl doch für den Dino-Exitus verantwortlich.

Illu.: D. Davis, Nasa

Washington/Wien - Es ist ein bisschen wie Simmering gegen Kapfenberg auf wissenschaftlich - das Match um die Erklärung für eines der größten Rätsel der Naturgeschichte: Warum starben die Saurier vor rund 65 Millionen Jahren aus? Seit Jahren stehen sich da zwei Lager von Forschern erbittert gegenüber, die zum Teil ihre ganze Karriere dieser Frage gewidmet haben. Nun dürfte der Streit endgültig entschieden sein.

Wie ein internationales Wissenschafterteam nun argumentiert, ist es doch jener Asteroid gewesen, der vor 65 Millionen Jahren auf der mexikanischen Halbinsel Yukatan nahe der heutigen Maya-Siedlung Chicxulub (sprich: Tschikschulup) niederging. Die insgesamt 41 Forscher aus der halben Welt - darunter auch der österreichische Impact-Forscher Christian Koeberl und seine Kollegin Tamara Goldin von der Uni Wien - haben bisherige Studien nochmals analysiert und durch neue Daten ergänzt, die sie ganz sicher machen.

Erbitterter Gelehrtenstreit

Die Geschichte dieses Wissenschafterstreits reicht mehr als 40 Jahre zurück: Damals entdeckten Geologen um Luis und Walter Alvarez in den Ablagerungen aus der Epoche des Sauriersterbens - der sogenannten Kreide-Tertiär-Grenze (kurz: KT-Grenze) - auffallend große Mengen an Iridium. Das Besondere: Das Metall kommt in Meteoriten einige tausend Mal häufiger vor als auf der Erde.

Anfang der 1990er-Jahre fand man dann in Mexiko den passenden Krater. Nun schien alles klar: Der riesige Meteorit auf Yucatan habe den Dino-Exitus ausgelöst und gleich noch mehr als die Hälfte aller damals existierenden Tier- und Pflanzenarten ausgerottet. Bohrungen direkt am Krater sollten dann endgültige Klärung bringen. Doch die Gegner der Meteoriten-These ließen nicht locker.

Die Kritiker - angeführt von der Geologin Gerta Keller von der Universität Princeton (USA) - kamen im Jahr 2004 bei ihren Interpretationen von Bohrkernen im unmittelbaren Umfeld des Kraters zu dem Schluss, dass der Chicxulub-Einschlag 300.000 Jahre vor dem Artensterben stattgefunden hat. Die Forscher hatten in Schichten "nach dem Einschlag" noch Überreste von Einzellern und Würmern entdeckt, die mit den Dinos ausgestorben sind. Als alternative Erklärung führten Keller und Co massive Vulkanausbrüche an.

Just als die Gruppe um Keller die Oberhand zu gewinnen schien, desertierte einer ihrer engsten Mitarbeiter, der bis 2003 noch bei ihr dissertiert hatte: der deutsche Geologe Peter Schulte. Und Schulte ist es auch, der nun als Hauptautor der neuen Übersichtsstudie im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 327, S. 1214) zum womöglich entscheidenden Schlag ausholt.

Millionenfache Atombombe

Das neue Hauptargument der Forscher um Schulte: Sie halten die von Keller und Kollegen analysierten geologischen Schichten im Umfeld des Kraters für ungeeignet zur Interpretation - einfach deshalb, weil dessen Wucht so enorm war: Die neuen Modellrechnungen gehen davon aus, dass der Meteorit einen Durchmesser von zwölf Kilometern hatte und mit 72.000 km/h angerast kam. Die Energie des Einschlags war damit eine Million Mal höher als jene der größten jemals getesteten Atombombe.

Aus diesem Grund sei die Umgebung der Einschlagstelle, wo die Ablagerungen am stärksten gestört sind, wahrscheinlich die ungeeignetste Gegend, um Sedimentschichten als Beweise heranzuziehen, so Christian Koeberl. Die zweite Gegenthese: Der starke Vulkanismus in den 500.000 Jahren vor der KT-Grenze habe kaum zu Änderungen im Ökosystem geführt. (Klaus Taschwer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5. März 2010)