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Flashmob

Foto: EPA/Kuypers

Der umstrittene rechtspopulistische Politiker Geert Wilders zeichnet sich als Sieger der Kommunalwahlen in den Niederlanden ab: Laut Umfragen wollten in Den Haag und in Almere bis zu 30 Prozent der Wähler für Wilders „Partei für die Freiheit" (PVV) stimmen. Mangels politischen Personals stellte sich die islamfeindliche Partei nur in diesen beiden Städten der Wahl, doch dort wird sie wohl triumphierend aus dem Stand als größte in die Stadtparlamente einziehen. Wilders wurde am Abend von begeisterten Anhängern in Almere zu einer großen Wahlparty begrüßt.

Christdemokraten und Sozialdemokraten hingegen müssen mit einer Quittung für die jüngste innenpolitische Krise rechnen: Mitte Februar war die Dreiparteienkoalition aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und der strengkalvinistischen Christenunion am Streit über eine zweite Verlängerung des Militäreinsatzes in Afghanistan auseinandergebrochen.

Um 21 Uhr schlossen die Wahllokale. Rund 12 Millionen Niederländer waren aufgerufen, in fast 450 Gemeinden an die 8700 Gemeinderatssitze neu zu besetzen. Die meisten Parteien stellten sich in Den Haag der Wahl, nämlich 20. Die Stadtväter ließen nichts unversucht, die Wahlbeteiligung nach oben zu schrauben. So wurde im nordniederländischen Appingedam jeder 100. Wähler mit einer Torte belohnt. In Groningen durften die Bürger in der Amtsstube ihres Bürgermeisters wählen.

Nächtliche Warteschlangen

Und in Den Haag und Rotterdam öffneten die Wahlbüros nicht wie sonst erst um 7.30 Uhr, sondern erstmals gleich nach Mitternacht: Auf diese Weise sollten vor allem Jungwähler dazu gebracht werden, nach dem Ausgehen auf dem Weg nach Hause noch schnell von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Eine Rechnung, die aufzugehen schien: Gegen ein Uhr morgens hatten sich vor den nächtlichen Wahlbüros lange Warteschlangen gebildet.

Doch ob die Wahlbeteiligung tatsächlich höher liegt als vor vier Jahren - damals blieb sie bei 58 Prozent stecken - ist noch nicht sicher: Letzten Prognosen zufolge lag sie bei 56 Prozent. Dabei hatte man gehofft, dass Geert Wilders sowohl Gegner als auch Anhänger mobilisieren würde.

 Für 45 Prozent der Wilders-Befürworter steht dabei das Motiv „Protest" an erster Stelle. Der blondierte, äußerst umstrittene Parteichef selbst führt andere Gründe an. Seine Partei „spreche Dinge aus, die andere Parteien nicht mehr auszusprechen wagen." Gemeint damit ist der Islam und die vornehmlich muslimischen Immigranten, die Wilders seit Jahren als Hauptwahlkampfthema auserkoren hat.

Flashmob


In Den Haag nutzten hunderte Bürger ihren Wahlgang zu einer Demonstration der besonderen Art: Flashmob-artig verabredeten sie sich, um gegen das diskutierte Kopftuchverbot zu demonstrieren. Dabei trugen sie allesamt selbst Tücher auf dem Kopf - Männlein ebenso wie Weiblein. Auch in der Stadt Almere in der Polder-Provinz Flevoland folgten Demonstranten dem Haager Beispiel. (flon/derStandard.at/Kerstin Schweighöfer aus Den Haag, DER STANDARD Printausgabe, 4.3.2010)