Die Zeiten sind hart, viele Arbeitsplätze gefährdet. Auch die westfranzösische Schiffswerft Saint-Nazaire, eine der größten der Welt, verliert immer mehr Aufträge an die Billigkonkurrenten aus Südkorea. Zwei Wochen vor den französischen Regionalwahlen kann nun Nicolas Sarkozy mit einer Frohbotschaft aufwarten: Frankreichs Präsident vereinbarte mit seinem russischen Kollegen Dmitri Medwedew bei dessen dreitägigem Besuch in Paris die Lieferung von vier Helikopterträgern des Typs Mistral.
Brisant daran ist nicht so sehr das Ausmaß des Deals, auch wenn er immerhin zwei Milliarden Euro übersteigt und mehrere tausende Jobs sichert. Der Verkauf der französischen Militärtechnologie - der Russland derzeit nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen hat - kommt einem Dammbruch nach dem Kalten Krieg gleich: Noch nie hat ein Nato-Land so heikles Kriegsmaterial an Russland geliefert. Nicht einmal Deutschland ist bereit, seine Nähe zu Moskau durch einen solchen "Freundschaftsbeweis" zu unterstreichen.
In Washington löste der Verkauf schon vor Monaten gehöriges Stirnrunzeln aus, zumal Sarkozy sein Land erst vor einem Jahr wieder voll in das Nato-Kommando integriert hat. US-Verteidigungsminister Robert Gates sieht in dem Mistral-Verkauf ein "Problem". Die baltischen und osteuropäischen Staaten gehen noch weiter: "Eingedenk des unvorhersehbaren Charakters der russischen Politik lässt sich nicht ausschließen, dass dieses Militärmaterial zu unlauteren Zwecken verwendet wird", meinte etwa die litauische Verteidigungsministerin Rasa Jukneviciene.
Sie bezog sich auch auf einen Moskauer Admiral, der unlängst erklärte hatte, mit den Mistral-Schiffen hätte die russische Flotte ihre Arbeit im Georgienkrieg „nicht in 26 Stunden, sondern in 40 Minuten erledigt". Nach Meldungen der Moskauer Zeitung Kommersant will die französische Rüstungsfirma Panhard ihrerseits leichte Panzer nach Russland liefern; der georgische Präsident Michail Saakaschwili enthüllte sogar russisch-französische Geheimverhandlungen über Raketenlieferungen.
Sarkozy verteidigte sich bei der am heutigen Mittwoch zu Ende gehenden Medwedew-Visite mit dem Hinweis, Paris liefere die Mistral-Schiffe ohne jede Waffenbestückung. Nie um ein Argument verlegen, meinte der französische Präsident, man könne Russland nicht um Mithilfe bei so wichtigen Dossiers wie der Iran-Frage bitten und ihm gleichzeitig mit dem alten Misstrauen begegnen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Printausgabe, 3.3.2010)