Die Vize-Präsidentin des Landesgerichtes wurde suspendiert. Transparenz fordern nun die Grünen.

Bregenz – "Eigentlich hatte ich die Sache schon aufgegeben" , sagt der Schrunser Ingenieur Willi Walch "Die Sache" ist das Testament seiner Tante Luisa und ein Grundstück in bester Schrunser Lage. Verkehrswert laut Walch: 2,1 Millionen Euro. 2001 hatte Walch Anzeige bei der StaatsanwaltschaftFeldkirch wegen Testamenterschleichung erstattet, aber keine Reaktion der Behörde erhalten. "Vielleicht, weil der verstorbene leitende Staatsanwalt und seine Frau die Erben waren?" , fragt sich Walch.

Der Hobby-Jurist begann selbst zu recherchieren."Zehn Jahre lang hab ich Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen zusammengetragen." Für Walch steht fest: "Die Testamenterstellung war dubios" . Die neun rechtsmäßigen Erben seien zugunsten des Staatsanwaltes, der mit der Familie nicht verwandt war, leer ausgegangen. Die Medienberichte über die Dornbirner Testamentfälscher hätten ihn motiviert, seine Anzeige wieder in Erinnerung zu rufen, sagt Walch. Nach neun Jahren wurde er nun vom Staatsanwalt und der Kriminalpolizei befragt. Walch: "Ich habe das Gefühl, dass man die Sache nun doch noch ernst nimmt."

Harald Walser, Nationalratsabgeordneter der Grünen, informiert in einer Anfrage Justizministerin Claudia Bandion-Ortner über weitere Vorwürfe gegen den verstorbenen Juristen. So belaste ihn einer der inhaftierten Dornbirner Gerichtsmitarbeiter, an "illegalen Vermögensverschiebungen" beteiligt gewesen zu sein. Walser will nun von der Ministerin wissen, ob es Anzeigen gegen den früheren leitenden Staatsanwalt gab und welche Schritte gesetzt wurden. Harald Walser: "Es ist an der Zeit, dass sich die Ministerin über die Ereignisse in Vorarlberg endlich imDetail informiert."

"Unter jeder Kritik"

Die zögerliche Vorgangsweise des Ministeriums und die Informationspolitik der Behörden, die, so Walser, "unter jeder Kritik ist" , nähre das Misstrauen der Bevölkerung. Die Grünen fordern die Einschaltung der Korruptionsstaatsanwaltschaft. Walser: "Lückenlose Aufklärung von unverdächtige Seite ist notwendig."

Der Vorarlberger Fälscherskandal – über Jahrzehnte wurden am Bezirksgericht Dornbirn Testamente und Grundbuch gefälscht – zeige auch strukturelle Mängel auf. Walser: "Die Justizbehörden sind chronisch unterbesetzt. Auch die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die statt der versprochenen 20 nur sieben Staatsanwälte hat."

Trotz Personalnot wird man am Landesgericht Feldkirch auf unbestimmte Zeit auf eine Richterin verzichten müssen.Das Oberlandesgericht Linz beschloss als Disziplinarbehörde die Vize-Präsidentin des Landesgerichtes, Kornelia Ratz, zu suspendieren. Die Richterin wird von einem der inhaftierten Rechtspfleger belastet.Sie soll Testamentsmanipulationen zugunsten enger Verwandter in Auftrag gegeben haben, behauptet der Mann.

Bertram Grass, Anwalt der Richterin zur Suspendierung: "Die Maßnahme war aufgrund der hohen Medienaufmerksamkeit zu erwarten." Bei einer Vize-Präsidentin würde ein besonders hoher Maßstab angesetzt, "um jeden Anschein einer Vertuschung zu vermeiden" . Grass will gegen die Entscheidung Rechtsmittel erheben. Mit den Ermittlungen in der Causa Ratz wurde wegen Befangenheit der Staatsanwaltschaften Feldkirch und Innsbruck die Staatsanwaltschaft Steyr betraut. (Jutta Berger/DER STANDARD-Printausgabe, 2.3.2010)