Wien - Unter dem Eindruck verschiedener Fälle von sexuellem Missbrauch sowie einer auf Rekordniveau angestiegenen Zahl an Austritten aus der katholischen Kirche trat die Österreichische Bischofskonferenz am Montag in St. Pölten zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammen. Die Bischöfe wollen bei ihren bis Donnerstag dauernden Beratungen über eine Optimierung der bereits eingeführten Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch diskutieren. Die Zahl der Austritte hat unterdessen im Vorjahr mit 53.216 Personen, die der katholischen Kirche den Rücken zugekehrt haben, einen neuen Spitzenwert erreicht.

Der Grazer Diözesanbischof Egon Kapellari hat bereits im Vorfeld der Bischofskonferenz gefordert, dass die Kirche mit Fällen sexuellen Missbrauchs "ehrlich und ohne falsche Rücksichtnahme" umzugehen habe. Welche Maßnahmen es aufgrund der jüngsten Vorfälle geben werde, wollen die Bischöfe nun in St. Pölten besprechen. Konkret überlegt man, wie die in den 90er Jahren eingerichteten Ombudsstellen besser ausgestaltet werden können und wie das Screening für Priesteramtskandidaten verbessert werden kann.

Einheitliche Regeln beim Vorgehen gegen Missbrauchsfällen

Helmut Schüller von der Pfarrer-Initiative, Mitbegründer der Ombudsstelle für Missbrauchsopfer der Erzdiözese Wien, forderte indes einheitliche Regeln beim Vorgehen gegen Missbrauchsfällen. Er plädierte für einen offenen und offensiven Umgang mit der Problematik. "Die Erwartung an die Bischöfe und die Kirchenleitung ist sicher, dass sie ein maximales Zusammenarbeiten präsentiert, wie man gemeinsam zwischen den Diözesen, Orden und Klöstern vorgeht", sagte Schüller. Außerdem würden die Menschen erwarten, dass mehr für die Vorbeugung getan wird.

Mit den 53.216 Kirchenaustritten im Vorjahr (vorläufige Zahl) wurde sogar noch der bisherige Spitzenwert von 52.177 aus dem Jahr 2004 übertroffen, als ein Sex-Skandal im Priesterseminar St. Pölten für Aufregung gesorgt und zum Rücktritt von Bischof Kurt Krenn geführt hatte. Danach war die Zahl der Kirchenaustritte wieder etwas gesunken - und zwar bis auf 36.293 im Jahr 2007. Seither ist wieder ein deutlicher Anstieg zu registrieren. (APA)