Es ist der erste sonnige Tag in diesem Winter. Es hat sogar Plusgrade, und der Wind weht nur leicht über den Berg aus Schotter, auf dem ich sitze. Neben mir ein Feldhase, der wie gebannt auf die Kante des Plateaus schaut. Seine Ohren ragen senkrecht in die Höh, und die Nase wackelt mit dem Schwänzchen um die Wette. Auf einmal geht vor uns wieder die blau-gelbe Sonne auf. Hanson Schruf katapultiert seine 570er Husaberg über die Kante, dass dem Hasen und mir jedesmal kurz das Herz stehenbleibt.

Foto: Martin Sulzbacher

In die Geschichte eingegangen ist Schruf ja schon im Volksschulalter, als er sich ein Beiwagen-Rad schweißte, das dann nicht durch die Tür ging. Kein Wunder also, dass er das Fahrrad Radl sein ließ und mit dem Motocross-Sport anfing. Als ihm Yamaha eines Tages eine umgebaute 450er hinstellte, mit der Frage, ob das Motorrad gut sei, fuhr er mitten in der Saison sein erstes Supermoto-Rennen und gewann gleich beide Läufe.

Foto: Martin Sulzbacher

Am Abend, an der Ergebnistafel, rechnete er sich dann aus, dass wenn er ab nun jeden Lauf gewinnen würde, er die Meisterschaft im Sack hätte. Und er hatte sich nicht verrechnet. Letztes Jahr wechselte er kurzfristig die Motorrad-Marke: "Ich hatte schon das ganze Material beieinander, als mir Yamaha kurz vorm ersten Rennen die finanzielle Unterstützung strich. Ich hab dann den Vertrag aufgelöst und darin eine Chance gesehen in die höhere Klasse zu wechseln und fragte mich, welche Alternativen es gibt.

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Da fiel mir der Husaberg-Prototyp ein, den ich im Sommer 2008 testen konnte - und der hat mir ziemlich gut gefallen. Also hab ich bei Husaberg angefragt, und die waren ziemlich angetan."

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Das war drei Wochen vor dem ersten Rennen. Innerhalb von zwei Wochen hatte Hanson eine, sagen wir, halbwegs rennfertige Husaberg 570 aufgebaut. "Es war ziemlich einfach die Enduro auf die Supermoto umzubauen - die Yamaha war eine Motocross - also hatte ich eh schon viel Erfahrung, was den Umbau betrifft." Sein Lieblings-Mechaniker ist er selbst: "Da bin ich ganz eigen. Viele haben gute Ideen, aber nur ich weiß, wie ich es haben will, also mach ich gleich alles selber." In der eigenen Werkstatt ist das auch kein Problem.

Foto: Martin Sulzbacher

Von Husaberg hat er die volle Unterstützung: "Die bemühen sich, wo es nur geht - aber ist ja auch klar, die wollen 2010 den Meistertitel." Und er selbst auch. "Ich hab vom Training noch was draufgepackt - und beim Motorrad auch noch ein paar Verbesserungen machen können."

Foto: Martin Sulzbacher

Welche Teile er verwendet, ist für ihn klar: "Schau, es gibt für mich bei Husaberg zwei Nockenwellen - da such ich mir die aus, die für mich besser passt. Ich fahre nur hauseigenes Material." Von der Idee, bis auf den Motordeckel und die Firmenemblems alles am Motorrad zu tauschen, hält Hanson nichts. Die Leute sollen ja sehen, was mit dem Motorrad geht, das sie kaufen können. Dann muss aber auch das Training stimmen.

Foto: Martin Sulzbacher

Den herrlichen Tag nutzt Hanson zum Offroad-Training. Gestern war er in der Supermoto-Halle, heute ackert er auf einer Cross-Piste: "Zwei Mal in der Woche sitze ich schon am Motorrad." Was er dabei aufführt, ist schier unglaublich. Kein Hang ist ihm zu steil, um nicht nur am Hinterrad rauf oder runter zu fahren. Keine Wand ist zu senkrecht, um nicht elends hoch rausspringen zu können. Kein Singletrail ist zu verwinkelt oder verwachsen, als dass er nicht drübergleiten würde, dass sogar der Hase neben mir anerkennend nickt.

Foto: Martin Sulzbacher

Die 570er, mit der er unterwegs ist, hat Kraft ohne Ende: "Das fahrt immer. Erster Gang und Standgas, und es gibt kein Hindernis, das du so nicht meisterst. Ist unglaublich." Dann schaut er mich mit einem strengen Blick an. Er trainiert für die Supermoto-Staatsmeisterschaft und auch für die WM - "Tut sich noch der richtige Sponsor auf, fahre ich in der WM mit, ja." - Ich soll auf seiner 450er Husaberg Driften üben, auf dass ich die Hosen nicht ganz voll habe, wenn Hanson mich das erste Mal auf eine Speedway-Maschine setzt.

Foto: Martin Sulzbacher

Hanson fährt gern und oft Speedway. Das bringt ihm zwar nichts für die Supermoto-Fahrerei, macht ihm aber viel Spaß: "Das hat mit dem üblichen Motorradfahren nichts zu tun. Wo du normalerweise vom Gas gehst, drehst bei der Speedway auf. Aber das wirst schon sehen." Und dann zeigt er mir, wie ich driften muss. Runde um Runde, Kreis um Kreis. Ich hab die 450er nach wenigen Versuchen wieder ins Eck gestellt und mich zum Hasen gesetzt, der ganz aufgeregt auf den Hanson schaut.

Foto: Martin Sulzbacher

Der 570er reißt es den Hinterreifen durch, dass es gleich so eine Freude ist. Hanson hat den Lenker die meiste Zeit schon auf Anschlag und schenkt trotzdem weiter ein. Mitten in einem besonders schönen Drift fangt sich das Hinterrad der Berg an einem wohlfeil platzierten Hasentrümmerl, und der Hanson steigt ab und legt sein Eisen zu den Exkrementen. Der Hase bebt als Ganzer. Und mir kommt vor, er hat sich noch verneigt, bevor er zwischen den Rädern der 450er durch, in den Wald gelaufen ist. (Guido Gluschitsch, Foto: Martin Sulzbacher)

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