Bei der Klausur bemühten sich Faymann und Pröll um demonstrative Einigkeit

Foto: Standard/Matthias Cremer

Kanzler Faymann besucht mit seinem Parteikollegen Landeshauptmann Franz Voves die Magna Steyr Fahrzeugtechnik. Auch eine Probefahrt mit einem Elektroauto stand auf dem Programm.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Vizekanzler Pröll und sein Team statteten den Patienten des Uni-Klinikum Graz einen Besuch ab.

Foto: ÖVP/Jakob Glaser

Quargel überschattete die Klausur der Regierung in Graz. Fünf Tote in Österreich aufgrund einer Listerieninfektion beschäftigten die Regierungsmitglieder und insbesondere den Gesundheitsminister. Alois Stöger (SPÖ) musste erst seinen Kollegen und dann den Medienvertretern Rede und Antwort stehen, warum es so lange gedauert hat, den Käse als Ursache der tödlichen Infektion auszuforschen und das Produkt vom Markt zu nehmen.

Auch abseits dieses Themas taten sich Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) schwer, den Erfolg und den Fortschritt dieser zweitägigen Arbeitssitzung deutlich zu machen. Arbeit und Bildung waren Themen, aber auch Forschung und Innovation, wesentliche Neuigkeiten gab es nicht zu vermelden. Wie es für eine Klausur aber typisch ist, setzte es ausgiebig Eigenlob.

Mehr als halbherzig wurde die im Standard vermeldete Absicht der Regierung, die Mineralölsteuer um bis zu zehn Cent zu erhöhen, dementiert. Noch sei das keine konkrete Maßnahme, versicherte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (siehe Interview S. 2). Er sei im Übrigen "kein Proponent dieser Steuererhöhung" , bestätigte aber, dass es einen konkreten Vorschlag in diese Richtung gebe.

Kanzler Faymann betonte ebenfalls, dass es absolute Priorität habe, das Budget ausgabenseitig zu sanieren. Finanzminister Pröll versuchte die Dimension der Debatte klarzumachen: "Diese Budgetplanung ist kein Pappenstiel." Bis Ende April werde dem Parlament ein Fahrplan mit den Ausgabenobergrenzen aller Ressorts übermittelt. Pröll: "Und dann wird es eine ganz massive Debatte geben." Die Ressorts müssten die Einsparungspotenziale mit den Bundesländern ausloten. Details gibt es freilich noch nicht: "Wir werden zeitgerecht informieren" , versicherte der Finanzminister, und der Kanzler nickte ernst dazu.

Sonst wurde bei dieser Klausur auch viel heiße Luft produziert. Faymann lobte ausführlich "die Verbesserungen bei der aktiven Arbeitsverwaltung" , ging noch einmal die Ausbildungsgarantie für Jugendliche durch und berichtete von "vorsichtig positiven Tendenzen in einzelnen Bereichen" . Erst müsse generell das Wachstum in Schwung kommen, sonst könne es keine Verbesserungen am Arbeitsmarkt geben.

Aber immerhin: Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) konnte von einer "Verflachung des Anstiegs der Arbeitslosigkeit" berichten. Und im Vergleich liege Österreich nicht so schlecht. Eurostat hatte für den Jänner eine Arbeitslosenquote in Österreich von 5,3 Prozent gemeldet. Hundstorfer: "Ich möchte mich nicht an anderen Ländern abputzen" , tat es dann aber doch: "In Lettland liegt die Quote bei 22,9 Prozent."

Einig waren sich alle darüber, dass 2010 ein ganz schwieriges Jahr werde. Ernste Gesichter.

Hinter den Kulissen versuchte die ÖVP, ihr Transferkonto zu thematisieren, das Sozialleistungen ersichtlich machen soll. Dazu brachte sie die Mehrkosten für die Einführung der Mindestsicherung ab September ins Spiel, der sie eigentlich zugestimmt hat.

In Details gab es immerhin Fortschritte: Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) tat mit Minister Hundstorfer eine Einigung zu einer Reform des Unternehmensinsolvenzrechts kund, zu den Privatkonkursen werde eine Arbeitsgruppe eingesetzt (siehe S. 2).

Bildungsministerin Claudia Schmied (SPÖ) durfte eine Absichtserklärung zum Ausbau des ganztägigen Schulangebots präsentieren: In fünf bis zehn Jahren soll mindestens jede zweite Schule über ein Ganztagsangebot verfügen.

Montagfrüh blieb den Parteichefs noch Zeit für Wahlkampfauftritte. Pröll stattete dem Landesspital mit Landeschef Hermann Schützenhöfer eine Visite ab, ein Gute-Laune-Kanzler Faymann schüttelte Landeshauptmann Franz Voves am Eingang des Grazer Magna Steyr-Werkes strahlend die Hand. Ein demonstrativer Medienauftritt - Motto: Wir kümmern uns um die Arbeitsplätze.

Zur Probefahrt des Magna-Elektro-Autos wurden Kanzler und Landeshauptmann - beladen mit ungeplanter Symbolik - quer durch das Werk zum Testauto chauffiert. Voves in einem Mercedes G, dessen Produktion bis 2016 verlängert wurde, Faymann in einem Auslaufmodell - einem BMW, dessen Produktion heuer im August eingestellt wird. (Walter Müller und Michael Völker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 02.03.2010)