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Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihr Gutachten ("Avis" ) zum EU-Beitrittsansuchen Islands von Juli 2009 beschlossen. Dem EU-Ministerrat wird uneingeschränkt die Aufnahme von Verhandlungen empfohlen. Dazu muss es einen einstimmigen Beschluss der Außenminister geben.

Das Land erfülle als Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und mit seiner langen demokratischen Tradition bereits heute weitgehend die drei "Kopenhagener Kriterien" - Bedingung für Mitgliedschaften, sagte Erweiterungskommissar Stefan Füle in Brüssel. Rechtsstaat, Achtung von Grundrechten gehörten ebenso dazu wie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, funktionierende Marktwirtschaft. Auch sei Island in der Lage, einen großen Teil des EU-Rechtsbestandes zu erfüllen, erklärte Füle.

Gleichwohl gelte es, in mehreren Bereichen - wie Fischerei, Umweltpolitik, ländliche Entwicklung, Landwirtschaft - erst noch Reformen zu verwirklichen. Noch sei Island "nicht reif für den Beitritt" . Auf die Frage, ab wann der Inselstaat damit rechnen könne, ging der Erweiterungskommissar indirekt ein. Optimisten in Island hoffen, dass man zu den laufenden Beitrittsverhandlungen mit Kroatien aufschließen und bereits 2012 EU-Mitglied werden könnte. Füle sagte, jedes Land "hat seinen eigenen Prozess, seine eigene Logik" , in manchen Bereichen sei Island sogar im Vorteil.

Aber: Man könne den Status von Island mit jenem von Österreich und Finnland vergleichen, die 1994 ebenfalls EWR-Länder und gut vorbereitet gewesen seien: "Die Verhandlungen dauerten so um die 14 Monate" , rechnete Füle vor. Das würde bedeuten, dass Island, sofern es noch heuer zu verhandeln beginnt, Ende 2011 zum Abschluss käme. Nach dem Ratifizierungsprozess wäre ein Beitritt Anfang 2013 realistisch.

Ob das alles so glatt abläuft, hängt auch von den Isländern selber ab. Großbritannien und Niederlande haben Anleger entschädigt, die beim Bankencrash in Island 2008 mehr als drei Milliarden Euro verloren haben. Nun fordern sie das Geld von Island zurück. Die Isländer werden Anfang März darüber abstimmen. (Thomas Mayer aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 25.2.2010)